Eigentlich bin ich gar nicht so der Zelt-Typ – zumindest bin ich meistens eher minimalistisch unterwegs. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich fast immer mit dem Rucksack unterwegs bin, und da ist ein Tarp einfach leichter und kompakter im Packmaß.
Was man außerdem nicht vergessen darf: Zelten ist in den Regionen, in denen ich unterwegs bin, oft gar nicht erlaubt – Biwakieren hingegen schon eher.
Aber dieses Jahr sieht es anders aus. Bei meiner Paddeltour durch den Nationalpark Drawno in Polen darf ich das Dagger™ Ridge OSMO™ Lightweight Backpacking Tent von NEMO testen. Im Paddelboot ist der Platz für Ausrüstung nicht ganz so begrenzt – da kann man(n) sich ruhig mal ein bisschen Komfort gönnen.
Facts
| Thema | Info |
|---|---|
| Material | Außenzelt: OSMO™ Poly-Nylon Ripstop (je 50 % Polyamid / Polyester), silikon‑ und polyurethanbeschichtet, PFAS‑frei, 3.000 mm Wassersäule Innenzelt: 40D Nylon Taffeta mit No‑see‑um Mesh Boden: OSMO™ Ripstop-Gewebe (75 % Polyamid / 25 % Polyester), PU-beschichtet, 3.000 mm Wassersäule Gestänge: DIAPOLE™ Aluminiumstangen (Ø 9 mm / 9,5 mm / 8,5 mm), vorgebogen für hohe Innenhöhe Footprint: 75D PU-beschichtetes recyceltes Polyester (1500 mm Wassersäule) |
| Größen | Innenfläche: ca. 2,8 m² Bodenmaße ~ 223,5 × 127 cm Firsthöhe: ca. 109 cm Vestibülfläche: ca. 2x 1,1 m² Außenmaße: ca. 234 × 269 × 114 cm Footprint: 127 × 224 cm |
| Farben | Birch Bud (grün‑grauem Farbton) |
| Gewicht | Zelt: 1885g mit Heringen Footprint: 210g |
| Packmaß | Zelt: 51 × 16 × 10 cm Footprint: 21 × 13 × 2,5 cm |
| Lieferumfang | – Divvy™ Cube Packsack mit Rollverschluss – Landing Zone™ wasserdichte – Ausrüstungswanne – 9 Aluminium‑Y‑Heringe – 4 Abspannleinen – Reparatur‑Flicken & Pole‑Repair‑Splint |
| Preis | Zelt: 620€ Footprint: 70€ |
Erster Eindruck und Verarbeitung
Um mir gleich ein besseres Bild zu machen, bin ich direkt auf die Wiese gegangen und habe das Dagger™ Ridge OSMO™ Lightweight Backpacking Tent von NEMO aufgebaut.
Natürlich war es nicht mein erstes Zelt – aber definitiv das schönste und durchdachteste, das ich je aufgestellt habe.
Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich bislang noch nie ein Zelt in dieser Preiskategorie in den Händen hatte.
Fangen wir mit der Aufbewahrungstasche an:
Endlich mal ein richtiger Packsack, bei dem man das Zelt nicht mit Mühe und Not reinstopfen und dann auch noch mühsam per Reißverschluss schließen muss.
Nein – hier geht’s einfach und entspannt:
Das zusammengerollte Zelt von oben in den Packsack schieben, diesen zwei- bis dreimal einrollen und dann mit dem Clipverschluss wie bei einem klassischen Drybag verschließen.
Aber jetzt zum Aufbau.
Die hohe Verarbeitungsqualität zeigt sich schon an den vier Clips an den Zeltecken.
Hier handelt es sich nicht einfach um dünne Gurtbänder mit Ösen – sondern um ein durchdachtes Aluguss-Teil, das wirklich clever konstruiert ist: mit Haken, Schlitz, Spannriemen und sogar einer Kunststoff-Kugelaufnahme – alles auf gerade einmal 3 × 1 cm Fläche. Und nichts davon ist zufällig – jede Komponente erfüllt eine klare Funktion.

Der Haken ist zum Beispiel in Richtung Zelt ausgerichtet und sorgt dafür, dass das Dagger™ OSMO™ 2P Footprint exakt in Position bleibt und nicht verrutscht. Das Dagger™ OSMO™2P Footrint ist die passende Zeltunterlage und wurde mir von NEMO ebenfalls für den Test zur Verfügung gestellt.

Jetzt haben wir das Dagger™ OSMO™ 2P Footprint unter dem Zelt eingehängt – und nun liegt beides, Zelt und Unterlage, flach und sauber ausgerichtet vor uns auf dem Boden.
Nun kommen die Spannriemen zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe spanne ich das Zelt an den Ecken jeweils mit einem Hering ab, habe aber trotzdem die Möglichkeit, später noch nachzujustieren.
Nichts Ungewöhnliches, aber trotzdem sehr praktisch.

Das Highlight sind natürlich die Zeltstangen. Erstens: Alle Stangensegmente sind miteinander verbunden, man klappt sie einfach auf – und am Ende hat man eine Art Spinne mit vier Beinen vor sich. Was mir sofort auffällt: Es gibt keine Verwirrung bei der Orientierung. Klar, oben und unten ist logisch – aber es gibt keine unterschiedlichen Längen oder spezielle Richtungen. Einfach aufklappen und fertig. Die Stangenenden sind mit Kugeln ausgestattet, die man einfach in die passenden Aufnahmen des Aluteils einklippt – ganz ohne Fummelei. Und das Beste: Sobald die Kugel sitzt, bleibt sie auch dort. Die Stangen rutschen nicht wieder heraus, wenn man auf der anderen Seite weiterarbeitet.
Das macht den Aufbau nicht nur einfacher, sondern auch angenehm stressfrei – selbst allein.

Wenn die Spinne dann steht, wird das Innenzelt wie bei vielen Zelten üblich mit Clips an den Stangen befestigt. Never change a running system!
Die Clips haben eine angewinkelte Öffnung, wodurch sie leichter auf die Stangen rutschen. Und auch beim Abbauen geht’s einfacher: Dank der Schräge kann man die Clips problemlos wieder abnehmen, ohne daran herumzuzerren.

Jetzt kommt der Schlitz im Alu-Wunderteil zum Einsatz:
Das Außenzelt wird über das bereits stehende Gestänge mit Innenzelt gestülpt. An allen vier Ecken befindet sich dafür ein weiteres kleines Aluteil – eine Art kleiner Griff mit einem T‑Stück am freien Ende. Dieses T‑Stück wird in den Schlitz des Verbindungsteils eingeführt und dann einfach um 90 Grad gedreht – fertig! Das Ganze geht schnell, einfach und ohne Gefummel.
Zum Schluss wird das Außenzelt mit den restlichen Heringen abgespannt – und fertig.
Allerdings: Wenn man beide Eingänge komplett nutzen will, braucht man insgesamt 10 Heringe:
- 4 für die Ecken des Innenzeltes
- 2 für die Außenzeltecken
- und je 2 für die beiden Eingänge
- und damit ist das Zelt noch nicht Sturmsicher, dafür braucht man theoretisch nochmal 6 Stück. Abspannseile sind aber dabei.
Man kann zwar auf die Heringe an den Eingängen verzichten, aber sobald man den Eingang öffnet, hängt der Stoff lose ins Vorzelt – und bei Regen kann das echt unpraktisch sein.
Was ich nicht ganz verstehe: Warum liefert NEMO nicht einfach 10 Heringe mit? Es wäre logisch, denn das Zelt hat ja zwei vollwertige Eingänge – und das ist wirklich ein riesiger Pluspunkt!
Jeder hat sein eigenes kleines Vorzelt, kann seine Ausrüstung separat organisieren – und niemand muss nachts über den anderen drüberklettern, wenn er raus muss.

Weitere clevere Features sind auf jeden Fall erwähnenswert:
Zum einen gibt es eine Wanne, die Landing Zone™, für das Vorzelt – zwar nur eine, aber sie erfüllt ihren Zweck hervorragend. Damit lässt sich ein Teil der Ausrüstung trocken lagern, auch wenn es regnet oder der Boden bereits durchnässt ist. Gerade bei nassem Untergrund ist das richtig praktisch.
Zum anderen liegt eine Reparaturhülse fürs Gestänge bei – ein kurzes Alurohr, das im Notfall über einen gebrochenen Stangensektor geschoben werden kann. Die Stange ist damit zwar nicht dauerhaft repariert, aber stabil genug, um die Tour fortsetzen zu können.

Man kann an beiden Seiten das Zelt zum Durchlüften öffnen – sowohl das Außenzelt als auch das Innenzelt. Beim Innenzelt lässt sich der Stoff öffnen, während das Moskitonetz geschlossen bleibt, sodass Insekten draußen bleiben. Das Außenzelt kann man an der Öffnung hochrollen und mit einem etwa 10 cm langen angenähten Stift fixieren, damit es dauerhaft offensteht.
Solche Details zeigen, dass NEMO mitgedacht hat – gerade für Touren, bei denen man nicht mal eben ins Sportgeschäft kann.
Und zum Schluß das OSMO™-Gewebe, eigenentwicklung von NEMO, bietet eine 4× länger anhaltende Wasserabweisung, hat 3× weniger Dehnung bei Nässe und sorgt so für eine stabile Form auch bei Regen. Die Kombination aus Polyester- und Nylonfasern im Ripstop-Gewebe sorgt für eine hohe Reißfestigkeit. Zudem besteht es zu 100 % aus recycelten Garnen und hat das bluesign®-Siegel. Das bluesign®-Siegel stammt von der bluesign technologies AG, einem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Die Firma wurde im Jahr 2000 gegründet und hat sich auf nachhaltige Textilproduktion spezialisiert. Das Label ist ein Zeichen für höchste Standards bezüglich sauberen Materialien, Gesundheits‑ und Arbeitsschutz entlang der Wertschöpfungskette
Praxistest
Wie schon beim ersten Aufbau gestaltete sich dieser sehr einfach und durchdacht. Ich schätze, nach meiner Tour werde ich es in etwa 5–7 Minuten schaffen. Am längsten dauert es, die Heringe einzuschlagen.
Was mir schon vorher aufgefallen war, ich mir aber für den Praxistestteil aufgehoben hatte: Das Zelt sollte man möglichst nicht im Regen aufbauen, da zuerst das Innenzelt steht und erst danach das Außenzelt darübergestülpt wird. Das geht zwar, führt aber dazu, dass das Innenzelt nass werden kann.
Als ich im Zelt lag, habe ich mich natürlich gefragt, welchen Vorteil NEMO darin sieht, das Gestänge direkt am Innenzelt und nicht außen anzubringen. Dann ist mir aufgefallen: Das Außenzelt wird dadurch konstant mit gut 5 cm Abstand zum Innenzelt gehalten – und zwar auch bei leichtem bis mäßigem Wind. Diese Bauweise sorgt gleichzeitig für eine sehr, sehr gute Belüftung, was wiederum dazu führt, dass das Innenzelt nachts so gut wie gar nicht feucht oder nass wird.
Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise ist, dass man theoretisch auch nur mit dem Innenzelt schlafen kann. Außerdem steht das Zelt grundsätzlich auch ohne Heringe – im Gegensatz zu vielen Tunnelzelten, die zwingend auf Abspannungen angewiesen sind. Das ist praktisch, wenn man es zum Beispiel auf hartem Untergrund aufbauen muss. Zum Abspannen kann man dann einfach etwas Schweres nutzen, etwa das Fahrrad, den Rucksack oder einen Stein. Sollte es dabei etwas verrutschen, ist das nicht weiter schlimm – eine erholsame Nacht ist trotzdem möglich.
Ich habe sowohl alleine als auch zu zweit im Zelt geschlafen. Für zwei Personen ist es genau richtig: Jeder kann sich gut organisieren und es bleibt genug Platz, um sich hinzusetzen und umzuziehen, während der andere schläft – ohne dass einem dabei die Zeltwand ins Gesicht hängt. Am besten schlafen beide Fuß-zu-Kopf, so sind auch die Eingänge passend angeordnet.
Die zwei separaten Eingänge machen das Ganze noch komfortabler und unkomplizierter. Dazu kommt, dass jeder Eingang auch mit einem eigenen Vorzelt ausgestattet ist, das erstaunlich viel Stauraum bietet. Zum Verweilen reicht der Platz dort zwar nicht, aber er ist ideal, um Ausrüstung wettergeschützt abzulegen.
Da ich nachts immer auf die Toilette musste, habe ich den Ablauf intensiv getestet. Man öffnet zuerst das Innenzelt, schlüpft halb hinaus, öffnet das Außenzelt, steigt hinaus und schließt das Innenzelt direkt wieder – dabei muss man nur aufpassen, dass das nasse Außenzelt nicht ans Innenzelt kommt. Mit ein wenig Übung geht das schnell und effizient. Praktisch ist auch ein kleiner Trick: Den geöffneten Lappen des Außenzeltes kann man in eine Abspannschlaufe einklemmen. So spart man mindestens einen Reißverschluss, was die nächtliche Prozedur für die Campingplatz-Nachbarn etwas verbessert.
Dann gibt es noch die Landing Zone™. Sie ist tatsächlich noch praktischer, als ich zunächst dachte. Kein technisches Wunderwerk, aber super nützlich: Man(n) schmeißt einfach alles rein, und das Equipment wird weder nass noch dreckig. Auch der Einbau ist durchdacht: Da sie kein gleichschenkliges Dreieck ist, gibt es an jeder Ecke farbige Clips, und das Gegenstück am Zelt hat jeweils die gleiche Farbe – sehr intuitiv. Doof ist nur, dass es nur eine Landing Zone™ gibt und man sie auch nicht einzeln bei NEMO nachkaufen kann.
Im Zelt selbst ist das Nightlight Pocket™ super praktisch – vor allem für die Taschenlampe, aber für mich als Brillenträger auch perfekt für die Brille. So muss ich sie morgens nicht suchen, und nachts kann sie nicht versehentlich zerdrückt werden.
Alleine ist das Zelt für mich fast wie eine Suite. Mit 1,8 kg ist es durchaus vorstellbar, es auch nur für eine Person zu nutzen – vielleicht nicht beim Wandern, aber zum Beispiel auf einer Fahrradtour oder wie jetzt bei meiner Paddeltour lohnt es sich definitiv. Man hat so viel Platz, dass ich meine Kleidung sauber neben der Isomatte zusammenlegen konnte, ohne dass sie im Vorzelt klamm wurde, und auch meine Elektronik konnte ich problemlos neben mir laden. Das Umziehen war dadurch noch angenehmer, weil man genau in der Mitte liegen konnte und nach oben mehr Platz hatte.
Allerdings haben die Temperaturen gezeigt, dass es zu zweit tatsächlich wärmer ist und dadurch nachts noch gemütlicher.


























Pro/Contra
Pro:
- zwei Eingänge
- zwei Vorzelte
- Reparatur Zylinder
- gute Lüftungsmöglichkeit
Contra:
- zwei Heringe zu wenig
- aufbauen im Regen nicht empfehlenswert
- Landing Zone™ ist nur einmal im Zelt enthalten und nicht einzeln verfügbar Schade
Fazit
Das NEMO Dagger™ Ridge OSMO™ Lightweight Backpacking Tent ist ein sehr hochwertiges Zelt: Es lässt sich extrem leicht aufbauen, ist durchdacht konzipiert und bietet maximalen Komfort auf minimalem Platz – was sich in einem hervorragenden Packmaß und geringen Gewicht niederschlägt. Klar, es gibt ein paar kleine Schwächen, aber das sind eher „Motzen auf hohem Niveau“. Ich freue mich schon auf viele weitere Abenteuer im Dagger™ Ridge OSMO™.
Alle Praxistests auf Outdoortest.info werden gemäß dem Outdoor Blogger Codex durchgeführt und sollen dem Benutzer sowohl die positiven aber auch negativen Aspekte des Produktes aufzeigen.
