Wer mit kleinen Kindern reist, weiß: Der Tagesplan darf nicht zu voll sein, die Wege nicht zu lang, und irgendwo sollte es immer Eis geben. Genau das macht Halifax, die charmante Hafenstadt in Nova Scotia, zu einem echten Geheimtipp für Familien mit kleinen Abenteurern. Drei bis vier Tage reichen wunderbar aus, um die Stadt gemütlich zu erkunden – ganz ohne Stress und mit jeder Menge kinderfreundlicher Highlights. Die Städtetour lässt sich eigenständig planen oder beispielsweise, wie wir es gemacht haben, am Anfang oder Ende einer Rundreise durch Nova Scotia (siehe unser Reisebericht hierzu).
Anreise
Nach Halifax kommt man einfach und kindgerecht mit einem relativ kurzen Direktflug. Ab Frankfurt fliegen Discover Airlines (Lufthansa-Tochter), ab Zürich fliegt die Edelweiss Air (Swiss-Tochter). Condor flog zumindest letztes Jahr ebenso nach Halifax. All diese Fluggesellschafften fliegen nicht jeden Wochentag, aber bei unserer Reise Ende August gab es viele Möglichkeiten. Tipp: rechtzeitig buchen und die Einreisegenehmigung ETA für Kanada nicht vergessen.
Wir fliegen mit unseren fünfjährigen Zwillingen ab Frankfurt nachmittags los und kommen – man fliegt ja mit der Sonne – am frühen Abend in Halifax an. Der Flug dauert nur grob 6,5 Stunden, aber bis man durch den Zoll durch ist und sein Gepäck hat, vergeht nochmal eine Stunde. Wir lassen es ruhig angehen und bleiben die erste Nacht in einem der Flughafenhotels, dem HFX Airport Hotel, das zwar nicht fußläufig vom Terminal ist, aber einen kostenlosen Shuttleservice zur Abholung vom Flughafen anbietet.
Gut ausgeschlafen in einem Double-Queen-Zimmer (d.h. zwei Doppelbetten) stärken wir uns bei einem typischen amerikanischen Frühstück: Bagels, Frischkäse, Rührei mit Ketchup, Saft und der allgegenwärtige Kaffee. Jetzt kann man sich mit dem Bus in die Innenstadt bringen lassen oder mit dem Mietwagen oder Wohnmobil erst mal das Hinterland besichtigen, so wie wir es machen.
Tag 1 – Waterfront und Discovery Centre
Gegen Mittag kommen wir in der Innenstadt von Halifax an. Schon von der Ferne sieht man, dass das Leben und Arbeiten sich am Wasser abspielt. Halifax liegt in einer Bucht, dem Bedford Basin, die direkt in den Nordatlantik mündet. Wer denkt, hier ist es kalt und ungemütlich – völlig falsch. Vor Halifax läuft der berühmte Golfstrom lang, und der sorgt dafür, dass der Hafen das ganze Jahr eisfrei ist. Das entdeckten schon vor fast 300 Jahren die Engländer und entwickelten die Stadt zu einer ihrer wichtigsten Stationen der amerikanischen Atlantikküste. Und entsprechend stark wurde die Stadt auch militärisch geschützt.
Die strategisch gute Lage zeigt sich heute auch noch: In der Bucht reihen sich militärische Schiffe, Werften und Kasernen aneinander. Wir sehen sogar einen Frachter der deutschen Bundeswehr, der gerade auf Besuch ist. Zwei große Brücken überspannen die ca. 500m Buchtbreite, kleine Fähren pendeln wie bunte Punkte daneben hin und her. Richtung Meer sehen wir Kreuzfahrtschiffe liegen, und die peilen wir als erstes an.
Wir starten entspannt – schließlich ist Ankommen mit Kids oft schon Abenteuer genug. Es geht’s direkt ans Wasser: Die wunderschöne Halifax Waterfront ist wie gemacht für kleine Entdeckerfüße. Hier gibt es bunt bemalte Fußwege und Mauern, fliegende Möwen und kleine Shops, die alles von Souvenirs bis Eis verkaufen. „Cows Creamery“ verkauft das angeblich beste Eis Kanadas, und die frischgebackenen Waffeln riecht man schon von weither. Ein Auto braucht man hier in der Stadt übrigens nirgends, alles ist fußläufig erreichbar, hinter dem Hafen geht es aber schnell steil nach oben.
Zum Mittagessen besuchen wir die Garrison-Brauerei. Hier gibt’s zwar eigentlich gar kein Essen, dafür leckere Biere. Wir Erwachsenen nehmen den „Flight“ – 5 verschiedene Sorten in kleinen Probiergläsern zu einem trotzdem günstigen Preis. (In Halifax wurde übrigens vor 200 Jahren von Alexander Keith das Indian Pale Ale erfunden.) Die Kinder bekommen eine Limo. Und da die Kanadier völlig tiefenentspannt sind, holen wir uns wie fast alle anderen Gäste einen Snack an der Imbissbude nebenan und setzen uns damit vor die Brauerei. So können wir in Ruhe Eindrücke, Gerüche und Geräusche auf uns wirken lassen.
Unsere erste große Station ist das Discovery Centre, ein interaktives Wissenschaftsmuseum für Kinder. Keine staubige Ausstellung, sondern ein Ort zum Anfassen, Ausprobieren und Staunen – perfekt für Kinder zwischen 2 und 10 Jahren. Hier werden spielerisch und kurzweilig auf vier Etagen Themen wie Chemie, Medizin, Energie und Klimaschutz vermittelt. Unsere Kinder fanden vor allem das Seifenblasenlabor spannend – hier konnten die Kids sich beispielsweise komplett in eine riesige Seifenblase packen. Praktischerweise (für die Kinder) ist auch an jeder Ecke ein sehr sauberes WC.
Danach bummeln wir ein bisschen an den riesigen Kreuzfahrschiffen entlang. Wer’s mag, sagen wir da nur…
Übrigens hat Ostkanada 5 Stunden Zeitverschiebung zu Deutschland. Nicht viel für eine Fernreise, aber wir werden doch bald müde und spazieren zu unserem Hotel, dem Four Seasons, einem eher klassischen Businesshotel in zweiter Querstraße hinter dem Hafen.




























Tag 2 – Die Titanic und das Meer
Heute wollen wir die dramatischen Highlights der ostkanadischen Geschichte vertiefen und besuchen das Maritime Museum of the Atlantic. Hier gibt es, neben Modellbooten und verschiedenen kleineren Mitmachstationen, zwei große Themenblöcke: die Titanic und die „Great Explosion“.
Die Titanic war ja auf dem Weg von Europa nach New York und sank am 15.4.1912 im Nordatlantik. Halifax war damals mit ca. 1200km Entfernung der Unglücksstelle nächstgelegene Hafen, so dass von dort aus Rettungsschiffe ausliefen. Im Maritime Museum wird die ganze Geschichte eindrucksvoll erklärt, wobei auf reißerische Dramatik rund um den Untergang verzichtet wird und stattdessen mehr die Vorgeschichte und die Aufarbeitung sowie der heutige Zustand des Wracks gezeigt wird. Also auch für Kinder nachvollziehbar und ohne Schreckmomente.
Die Halifax-Explosion passierte 1917, als im ersten Weltkrieg ein Munitionstransporter im Hafen mit einem anderen Schiff kollidierte. Die Explosion wurde die größte Explosion der Menschengeschichte abgesehen von den späteren Atombomben. Fast 2000 Bewohner kamen durch die Druckwelle ums Leben, die Stadt wurde völlig geplättet. Auch hier gibt es keine reißerischen Fotos sondern eher die Geschichten von Einzelschicksalen wie einer Krankenschwester, die den Betroffenen half.
Neben dem Maritime Museum ist übrigens ein wunderbarer Spielplatz im U-Boot-Design. Unsere Kinder wollten gar nicht mehr weg, während wir unseren Kaffee in Ruhe auf einer der vielen Sitzgelegenheiten nebenan genießen konnten. Neben dem Spielplatz ist auch ein interessantes Kunstwerk, die „Wave“ – eine meterhohe künstliche Welle aus Beton. Hier stehen die Touristen Schlange, um sich darunter fotografieren zu lassen oder darauf zu klettern (was man eigentlich nicht soll).
Wir essen heute direkt an der Waterfront: Mitten an der Uferpromenade ist ein Food Court (Essensbereich) mit vielen Ständen und gemeinsamen Tischen in der Mitte. So kann sich einer das Hummersandwich gönnen, während der andere das typische kanadische Fast-Food „Poutine“ am Stand nebenan kauft. Poutine ist im Prinzip Pommes Frites mit Käsewürfeln und einer heißen Bratensoße. Klingt erst mal komisch, ist aber super lecker. Da Kanada nicht ganz so streng ist mit Alkohol wie die USA, kann man sich auch einen Cocktail dazu holen. Kostenloses WLAN gibt es hier auch überall.
































Tag 3 – Soldaten und Sonnenblumen
Wir entdecken neben unserem Hotel das hübsche kleine Café „Bird’s Nest“, modern möbliert in einem historischen Gemäuer und frühstücken hier leckere Sandwiches und Eierspeisen. Kaffee gibt’s wie fast immer in Kanada mit „Free Refill“ – man darf so oft nachholen wie man will.
Von hier geht es heute nicht zum Hafen herunter, sondern den kleinen Berg (kinderfreundliche 70 Höhenmeter) hinauf. Die Zitatelle von Halifax thront über der Stadt und ist mit ihren alten Festungsmauern, Uniformen und Kanonen ein echtes Erlebnisparadies. Natürlich kommen hier auch die Reisegruppen der Kreuzfahrtschiffe vorbei, aber in dem großen Gelände verläuft es sich. Unsere Jungs dürfen sich am Info-Stand je eine Entdeckertasche mit Taschenlampe, Kompass, Lupe, Lineal und einem Rätselheft ausleihen. Damit gehen wir auf Schnitzeljagd. Über ca. 10 Stationen hinweg sind dunkle Geheimgänge zu durchschreiten und versteckte Zeichen zu entdecken, um am Ende einen Lösungssatz zu bekommen. Und mit dem bekommen die stolzen Kleinen eine Medaille als Belohnung.
Ein Highlight in der Zitadelle um 12 Uhr darf man aber nicht vergessen: Genau mittags knallt nämlich jeden Tag seit 200 Jahren eine Kanone. Den Schuss, der natürlich nicht mehr von Soldaten, sondern inzwischen von Schauspielern in historischen Kostümen abgefeuert wird, hört man in der ganzen Stadt. Vorher und nachher sind die Statisten in der Festung unterwegs, zeigen mal historische Gewehre oder spielen Dudelsack. Dudelsack? Ja genau, nicht umsonst heißt die Provinz Nova Scotia = Neuschottland. Die Soldaten, die die Festung bauten, kamen nämlich wie viele Siedler aus Schottland.
Anschließend gehen wir hinter der Zitadelle runter in die Public Gardens, ein wunderschöner viktorianischer Stadtpark mit Teichen, Enten, kleinen Brücken und – na klar – einem Eiskiosk. Hier dürfen unsere Kinder wieder fröhlich springen, und so kinderfreundlich wie Kanada ist, stört es hier auch keinen, wenn sie über den Rasen rennen oder an Blumen riechen.
Wir lassen den Abend wieder am Hafen ausklingen und shoppen noch ein paar Souvenirs. Der Ahornsirup ist natürlich ein Klassiker, der nicht im Reisegepäck fehlen darf.
Wer noch einen Tag mehr Zeit hat, kann natürlich auch noch mit der Fähre auf die andere Seite der Bucht, nach Dartmouth. Neben schönen Parks gibt es dort auch noch mehr schöne kindertaugliche Aktivitäten. Die Broschüre „Halifax for Kids“ hat noch einige Tipps parat.
































Rückflug
Als kleine Abenteurer buchen wir am Abreisetag keinen Privattransfer, sondern fahren einfach mit dem öffentlichen Bus Nummer 320 von der zentralen Barrington Street zum Flughafen. Neben der Bushaltestelle entdecken wir sogar eine „europäische Bäckerei“. Die Laugenbrezeln dort lassen wir uns nicht entgehen 😉
Der Bustransfer zum Flughafen kostet ca. 5 kanadische Dollar pro Person (Kinder sind frei) und dauert etwa 45 Minuten. Hier am „HFX Airport“ ist – ganz landestypisch – alles entspannt. Man trinkt einen Kaffee, schaut sich die lebenden Hummer an, die man in Styropor verpackt nach Hause nehmen könnte, und wartet auf den Rückflug am frühen Abend. Nur 6 Stunden später sind wir früh morgens wieder in Deutschland.
Fazit
Halifax ist entspannt, freundlich und unkompliziert – perfekt für kleine Kinder und große Eltern, die keine Lust auf Sightseeing-Marathons haben. Kindergerechte Museen, schöne Parks, die tolle Hafenfront und alles völlig fußläufig auch mit keinen Kindern erreichbar. Die Stadt zeigt: Das große Kanada ist auch klein, leise und kinderlieb.
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