Als ich gesehen habe, dass Vivobarefoot einen neuen Wanderstiefel herausbringt – einen schnellen Wanderstiefel –, war für mich sofort klar: Den möchte ich testen! Zum Glück habe ich die Möglichkeit, so etwas auch direkt bei der Agentur anzufragen. Und wie es der Zufall wollte, sollte unser Outdoortest-Team in den kommenden Tagen ohnehin eine Anfrage dazu bekommen. Ich war der Agentur also nur einen Schritt zuvorgekommen.

So hat mich diesen Sommer der PRIMUS TRAIL FLOW MID HERREN von Vivobarefoot auf meinen Wanderungen – und eigentlich fast überall – begleitet.

Facts

Erster Eindruck und Verarbeitung

Eigendlich will ich nicht so viel über das Design und den Style hier schreiben, weil es sehr subjektiv ist, aber auch hier hat sich Vivobarefood sehr sehr viel Mühe gegeben fürs Detail. Schöne Farbkombis und modernes Design mit kleinen Details wie das Logo in der Sohle usw.

Schon beim ersten Reinschlüpfen fällt auf, wie weich das Obermaterial ist. Es schmiegt sich angenehm an den Fuß an, vermittelt sofort ein gutes Barfußgefühl, und die Sohle wirkt flexibel und angenehm dünn.
Wenn wir schon bei der Sohle sind, schauen wir sie uns einmal genauer an: Sie ist in fünf Bereiche unterteilt, 1,8 mm dick und hat ein 3,5 mm starkes Profil – zusammen also 5,5 mm. Zum Vergleich: Herkömmliche leichte Wanderschuhe haben Sohlenstärken zwischen 20 und 30 mm.

Bei meiner Farbkombination besteht die Sohle aus drei Farben.

Rot ist das härteste Gummi, direkt unter dem Ballenbereich, also genau dort, wo beim Gehen und Laufen die größten Kräfte wirken – vor allem beim Abstoßen. So ist die Sohle an dieser Stelle besonders abriebfest und stabil. Clever hat Vivobarefoot dort auch das eigene Logo in die Sohle integriert.
Die beiden anderen Farben sind ebenfalls unterschiedlich weich. Das eher beige Gummi ist nicht ganz so hart wie das rote, aber fester als die weißen Bereiche. Dieser beige Bereich deckt den größten Teil der Sohle ab und läuft sogar ums Eck. Diese Zonen werden stark belastet beim Aufsetzen und bieten seitlichen Halt. Die härtere Mischung sorgt hier für Langlebigkeit und Schutz, ohne die Flexibilität merklich zu verringern. Zusätzlich sind am Mittelfuß im Bereich des Fußgewölbes die Stollen sehr klein – das macht den Schuh an dieser Stelle noch flexibler, als er ohnehin schon ist.
Der hellste Bereich ist am weichsten. An der Ferse wirkt er wie eine Dämpfung, im Vorfußbereich sorgt er für mehr Grip, weil durch den größeren Bodenkontakt auch die Haftung und Flexibilität steigen.
Die Pfeilstollen mit Rillen geben durch ihre zahlreichen Spitzen, Kanten und Rillen besonders guten Halt. Wie ich bereits in einem meiner älteren Testberichte erwähnt habe: „Mehr Kanten, mehr Grip! Die zusätzlichen Rillen in den Stollen erzeugen noch mehr Kanten – also noch mehr Grip!“

Die Schnürsenkel sind 2–3 mm dicke Schnüre, kein Gummi, und werden nicht mit einem Knoten, sondern mit einem kleinen Kunststoff-Schiebesystem befestigt. Am Ende befindet sich ein Haken, an dem die nach dem Festziehen zu langen Schnürsenkel eingehakt werden können, sodass sie nicht unkontrolliert herumbaumeln.
Das Obermaterial besteht aus drei klar abgegrenzten Zonen.
Die erste Zone ist der direkte Übergang von der Sohle in den Oberschuh. Hier verwendet Vivobarefoot ein gummiartiges Material, das 100 % wasserdicht ist. Direkt darüber schließt sich die Ripstop-Struktur an, die optisch an das Material einer Windjacke erinnert und zunächst ebenfalls wasserabweisend wirkt. In dieser Schicht ist auch die Schnürung integriert.
Die dritte Zone besteht aus Spandex mit Kragenstrick, das per Naht an die Ripstop-Schicht angesetzt ist. Der PRIMUS TRAIL FLOW MID besitzt dadurch keine klassische Schuhzunge – stattdessen schlüpft man hinein wie in einen Gummistiefel, nur deutlich flexibler und angenehmer. Diese Zone ist allerdings nicht wasserdicht, sondern dient vor allem der Beweglichkeit und dem komfortablen Sitz am Knöchel.

Positive Aspekte der Nachhaltigkeit
Der Schuh ist vegan, es werden also keine tierischen Produkte verwendet. Er besteht überwiegend aus recycelten Materialien und benötigt durch seinen minimalistischen Aufbau insgesamt sehr wenig Material. Die dünne Sohle und das leichte Obermaterial tragen zusätzlich dazu bei. Ein weiterer Pluspunkt: Über das Revivo-Programm besteht die Möglichkeit, den Schuh neu besohlen zu lassen, was seine Lebensdauer deutlich verlängern kann.

Praxistest

Seit der PRIMUS TRAIL FLOW MID bei mir eingezogen ist, war ich eigentlich nur noch mit ihm unterwegs. Ob auf dem Weg zum Klettern, beim Abseilen oder einfach im Alltag – beim Einkaufen, auf Zugreisen oder bei alltäglichen Besorgungen. Auch bei den schönen Dingen war er immer dabei, etwa bei Spaziergängen oder beim Tischtennis mit meiner Frau. Und natürlich auch auf einer großen Tour: 85 Kilometer Rennsteig-Wanderung.

Zuerst einmal das Wichtigste: Der Primus ist super bequem und vermittelt ein sehr direktes Feedback vom Untergrund. Ich laufe nun schon über ein halbes Jahr mit Barfußschuhen und bin immer noch begeistert – besonders über alle Untergründe, die nicht aus Asphalt bestehen.

Relativ schnell ist mir jedoch aufgefallen, dass die Schnürsenkel ungewöhnlich lang sind. Nach dem Zuziehen bleiben etwa 20 cm übrig. Zwar kann man die Enden mit dem Haken einhängen, aber zuverlässig halten sie dort nicht. Zum Glück habe ich eine Lösung gefunden: Die Senkel einmal ganz unten umlegen und dann einhängen – so funktioniert es. Trotzdem bleibt die Länge etwas rätselhaft und wirkt wenig durchdacht.
Ein weiterer Punkt betrifft den Kragenabschluss. Laut Vivobarefoot soll er verhindern, dass Schmutz in den Schuh gelangt. In der Praxis ist er jedoch auf den letzten zwei Zentimetern oberhalb der Schnürung relativ weit geöffnet – oder meine „Zahnstocher-Beinchen“ sind einfach zu dünn, um den Schuh auszufüllen. Auf sandigem Untergrund kann ich mir gut vorstellen, dass dadurch schnell Schmutz und Sand eindringen. Während meiner Rennsteig-Wanderung war das allerdings kein Problem, da ich eine lange Hose trug, die ich über den Schaft gestülpt hatte und so den Eintritt zuverlässig verhindern konnte.

Auf meiner Wanderung ging es über sehr unterschiedliche Untergründe – und ich muss sagen: Vivobarefoot hat hier ganze Arbeit geleistet. Der Primus bietet überall optimalen Grip, auch bei höherem Tempo oder sogar beim Laufen. Ob der Boden trocken oder nass ist, spielt dabei keine Rolle.
Positiv ist auch, dass der Schuh bis zum Übergang in die Spandex- und Kragenstrick-Zone wasserdicht ist. Pfützen und kleinere Bäche sind also kein Problem, solange sie nicht tiefer als ca. 6,5 cm sind.
Das Problem zeigt sich jedoch bei Regen von oben: Läuft das Wasser an der Hose entlang, gelangt es direkt in den Spandex-Bereich – und schon nach kurzer Zeit füllt sich der Schuh. Bei meinem Test im strömenden Regen dauerte es keine 15 Minuten, bis ich sprichwörtlich im Wasser stand.

Pro/Contra

Pro:

• sehr guter Grip, auch bei Nässe
• enorm gutes Feedback vom Untergrund (echtes Barfußgefühl)
• bequemes Tragegefühl, auch über lange Distanzen
• vielseitig einsetzbar (Alltag, Sport, Wanderung)

Contra:

• weiter Kragenabschluss → Schmutz/Sand können leicht eindringen

Fazit

Der Vivobarefoot – Primus Trail Flow Mid Herren hat mich über Wochen im Alltag, beim Klettern, auf Reisen und nicht zuletzt bei meiner 85 km Rennsteig-Wanderung begleitet – und überzeugt. Der Schuh ist extrem bequem, vermittelt ein direktes Barfußgefühl und bietet auf allen Untergründen hervorragenden Grip, selbst bei Nässe oder höherem Tempo.

Besonders gefällt mir die durchdachte Materialaufteilung: die Sohle mit ihren unterschiedlichen Zonen, die jeweils zuverlässig ihre Funktion erfüllen, und das Obermaterial, das unten robust und wasserdicht, oben hingegen flexibel und angenehm am Fuß ist. Eine kleine Schwäche bleibt allerdings: Bei Regen von oben füllt sich der Schuh sehr schnell mit Wasser.

Wer einen leichten, vielseitigen Barfuß-Wanderschuh sucht, der sich sowohl im Alltag als auch auf langen Touren bewährt, findet im Primus Trail Flow Mid einen verlässlichen Begleiter.