Wie es halt bei mir und meinen Schuhen so ist – wer mein Schuhberichte kennt, weißt das – wollte ich eigentlich einen ganz anderen Schuh testen. Dann wurde mir aber der Primus Flow Herren von Vivobarfoot angeboten, der erste richtige Laufschuh der Marke. Und ich dachte mir: Wenn jetzt nicht der Moment ist, mit dem Laufen anzufangen – wann dann?
Facts
| Thema | Info |
|---|---|
| Material | OBERMATERIAL 100% Recycelter Polyester-Jacquard SENKEL Schnürsenkel: 100% Recyceltes Polyester EINLEGESOHLE 98% Naturkork, 2% Schichtstoff/Vliesrücken LAUFSOHLE Mittelsohle: ETPU（4mm), Außensohle Tpu: 100% TPU (2mm) |
| Größen | 40 -49 |
| Farben | Bright White-Neon Orange, Dark Shadow, Coconut |
| Gewicht | 166g pro Schuh in Größe 44 |
| Preis | 170€ |
Erster Eindruck und Verarbeitung
Wie gesagt, ich habe keine Ahnung vom Joggen, beziehungsweise – wie man heute sagt – „Laufen“, aber selbst mir fällt sofort auf, dass der Primus Flow von Vivobarefoot sehr, sehr minimalistisch ist. Ich meine, ein Schuh wiegt gerade einmal 166 g. Ich habe zum Vergleich andere meiner Schuhe gewogen, und mein leichtester anderer ist mein Flip-Flop – und der wiegt 167 g. Kein Scherz.
Der Schuh hat – um es einfach zu erklären – drei Zonen. Die Sohle – dazu kommen wir später –, die äußere Schicht und (auch wenn der Schuh kein Innenfutter hat) dünne, wildlederähnliche Bereiche. Diese Bereiche befinden sich rund um den gesamten Knöchel, einschließlich der Lasche, sowie im Zehenbereich. Es sieht zwar lederähnlich aus, besteht aber – da der Primus vegan ist – nicht aus echtem Leder. Das Material fühlt sich – im Gegensatz zu den Bereichen ohne diese Beschichtung – angenehmer auf der Haut an. Vermutlich soll es die Reibung beim Schwitzen reduzieren, wenn man ohne Socken in dem Schuh läuft. Da ich in meiner Recherche nichts darüber gefunden habe, ist das natürlich nur eine Vermutung, die sich beim Test nur bedingt bestätigen lassen wird – keine Blase ist kein Beweis.
Das Obermaterial besteht zu 100 % aus recyceltem Polyester-Jacquard. Polyester ist eine synthetische Faser, die langlebig, leicht und pflegeleicht ist. Recycelt bedeutet, dass dieses Polyester nicht aus Erdöl hergestellt wurde, sondern aus Abfallkunststoff – zum Beispiel aus PET-Flaschen oder alten Kleidungsstücken. Jacquard bezeichnet eine spezielle Webtechnik, bei der Muster nicht gedruckt, sondern direkt eingewebt werden. Das macht den Stoff robuster und optisch interessanter.
Die Sohle ist insgesamt 6mm dick, was für einen Barfußschuh relativ viel ist. Vivobarefoot hat sich hier bewusst dafür entschieden, eine 4 mm starke Mittelsohle mit der 2 mm dicken Außensohle zu kombinieren, um das Verletzungsrisiko auf harten Untergründen zu minimieren. Ein Bonus für Barfußschuh-Anfänger – oder wie in meinem Fall: Lauf-Anfänger. Die Sohle weist unterschiedliche Sohlen-Designs und Materialstrukturen auf – auf der medialen (inneren) und der lateralen (äußeren) Seite. Die unterschiedlichen Materialstrukturen sind sicherlich nicht nur optische Designelemente, verleihen dem Schuh aber auch einen dynamischen Look. Durch ihre Wabenstruktur und die drei langen Schlitze in der Mitte ist die orangene Seite (mediale Seite) flexibler und bietet mehr Bodengefühl sowie Grip beim Aufsetzen. Die weiße, äußere Seite (laterale Seite) ist stabiler und durch das zusätzliche Material vermutlich langlebiger beim Abrollen.
Was mir ebenfalls stark aufgefallen ist: Die Schnürung verläuft nicht symmetrisch, sondern schräg – vermutlich für einen besseren Sitz. Ich sage „vermutlich“, weil ich keinen Vergleich habe, wie es wäre, wenn die Schnürung gerade wäre – aber ich kann mit Gewissheit sagen, dass er gut und sehr angenehm sitzt.
Praxistest
Also, ganz ehrlich: Da ich kein Läufer bin, habe ich die Entscheidung natürlich nicht einfach so getroffen. Ich habe mir zuerst die Beschreibung von Vivobarefoot durchgelesen – und auch sie sagen ganz klar: Barfußlaufen ist eine Reise, kein Sprint. Lerne zunächst, barfuß zu stehen, zu gehen und in die Hocke zu gehen, bevor du läufst. Das hat mir gefallen. Und so dachte ich mir: Als blutiger Anfänger gehe ich völlig unvoreingenommen an die Sache ran. Kein Leistungsdruck, kein Ziel vor Augen – einfach mal schauen, was passiert, wenn man läuft.
Zu mir selbst:
Ich bin vielleicht kein Läufer – aber völlig untrainiert bin ich definitiv nicht. Seit über neun Jahren mache ich regelmäßig 3–4 Mal pro Woche Kraft-, Ausdauer- und Mobility-Training mit dem eigenen Körpergewicht.
Ich kenne meinen Körper mittlerweile sehr gut und kann ziemlich genau einschätzen, was mir guttut – und was nicht und ich trage seit mehreren Monaten nur Barfußschuhe.
Ich bin immer 5-Kilometer-Runden gelaufen. Vorher habe ich mich über das Laufen informiert, um auch ein bisschen mitreden zu können. Ich würde einfach mal behaupten, dass man mit einem Barfußschuh auf keinen Fall mit der Fersenlauf-Technik unterwegs sein sollte – das wird nach weniger als 100 Metern sehr unangenehm. Der Vorfußlauf funktioniert natürlich hervorragend, aber auch da ging bei mir nicht mehr als 100–200 Meter – was allerdings nicht am Schuh lag, sondern ganz klar an meiner Kondition. Die Sohle bietet auf Asphalt richtig guten Grip, auch bei Regen und nassem Untergrund – kein Rutschen, kein Unsicherheitsgefühl. Am Ende habe ich mich für den Mittelfußlauf entschieden. Diese Technik „schont“ die Gelenke und ist für mich persönlich am angenehmsten zu laufen. Ich wollte da mal erwähnen, dass ich vor meinem „Barfußschuh-Leben“ regelmäßig Knieschmerzen hatte – vor allem beim Wandern oder wenn ich länger gelaufen bin. Seit ich meine Kilometer in Barfußschuhen zurücklege, sind diese Schmerzen irgendwie verschwunden.
Ich laufe jetzt schon seit mehreren Monaten in Barfußschuhen – auch beim Wandern und im Alltag.
Aber die ersten gejoggten 5 Kilometer haben mir einen Muskelkater in den Waden und im Schienbeinmuskeln beschert, der sich echt gewaschen hatte. Der kam übrigens erst so richtig 1,5 Tage später – aber dann ordentlich.
Ein Trainingseffekt war auf jeden Fall da! Bei den späteren Runden hatte ich dann keinen Muskelkater mehr, aber ich habe die für mich ungewohnte, neue Belastung trotzdem noch gespürt – ganz anders als beim normalen Gehen oder Wandern.
Der Primus Flow ist mit seinem geringen Gewicht der Barfußschuh schlechthin. Man könnte ihn glatt vergessen – wenn man nicht gerade mit ihm joggen würde. Er ist super flexibel und war bei mir immer angenehm zu tragen – egal ob bei 25 °C oder im Regen. Besonders beeindruckt hat mich, wie schnell er trocknet.
Nach einer komplett durchnässten Laufrunde konnte ich ihn einfach ins Schuhregal stellen – und am nächsten Tag bin ich wieder in einen trockenen Schuh geschlüpft.
Pro/Contra
Pro:
- Vegan
- sehr leicht
Contra:
- -/-
Fazit
Also, als Trainingsgerät betrachtet ist der Primus Flow von Vivobarefoot definitiv eine gute Investition. Durch die Einschränkung der Lauftechnik wird man gezwungen, sich dem Schuh anzupassen – nicht umgekehrt. Man schult ganz nebenbei seine Körpermotorik und trainiert Waden- und Schienbeinmuskulatur deutlich intensiver als mit herkömmlichen Laufschuhen. Und auch wenn er als Laufschuh konzipiert ist: Im Outdoorgym im Park macht er ebenfalls eine richtig gute Figur. Ich will jetzt nicht sagen, dass der Primus aus mir einen Läufer gemacht hat – aber meine Cardioeinheit wird ab jetzt definitiv hin und wieder durch eine Laufrunde ersetzt.
Alle Praxistests auf Outdoortest.info werden gemäß dem Outdoor Blogger Codex durchgeführt und sollen dem Benutzer sowohl die positiven aber auch negativen Aspekte des Produktes aufzeigen.
