Eine Wohnmobil-Reise durch die unberührte Natur von Kanada gehört zu den Träumen vieler Camper. Wir haben eine kindertaugliche Rundreise durch Ostkanada abseits der klassischen Sehenswürdigkeiten, aber dafür mit kurzen Strecken und reichlich Erlebnissen in der abwechslungsreichen Landschaft komplett selbst organisiert und durchgeführt. Hier möchten wir von unseren Eindrücken mit unseren fünfjährigen Zwillingen berichten und Tipps geben, falls Ihr das auch machen wollt.
Planung
Zuerst die Basics: Die Reiseplanung sollte mindestens drei Monate vorher beginnen. Für Kanada brauchen alle, auch die Kinder, einen gültigen Reisepass. Dann solltet Ihr eine Familien-Auslandskrankenversicherung abschließen, die kostet nur ca. 30 Euro. Stiftung Warentest hat beispielsweise einige Angebote verglichen. Schließlich braucht Ihr auf jeden Fall eine Kreditkarte.
Mit Reisepass und Kreditkarte muss man eine Einreisegenehmigung beantragen, das sogenannte ETA. Dafür braucht man keine Agentur, das geht einfach elektronisch auf der staatlichen Webseite und kostet derzeit 7$ pro Person. Auch die Kinder brauchen das ETA. Bei uns klappte das problemlos.
Das Land, und selbst Ostkanada, ist riesig, so dass man sich beschränken muss, wenn man nicht beliebig viel Urlaub hat. Unser Kindergarten hat drei Wochen im August zu, also steht der Zeitraum schon fest und wir konnten früh die Flüge buchen – dann sind sie billiger. Wir entscheiden uns für die Region Nova Scotia, da es dorthin nur 6 Stunden Flug sind. In die Hauptstadt Halifax fliegt man aktuell problemlos direkt von Frankfurt (mit Discover Airlines) oder Zürich (mit Edelweiss Air). Früher flog auch Condor auf der Strecke.
Wir planen mit dem Wohnmobil das Land zu erkunden, da man so etwas flexibler und viel draußen ist. Eine typische Rundreise beginnt in Halifax, endet wieder dort und umrundet einmal die Halbinsel Nova Scotia, das sind je nach Route grob 1500-2500km Fahrtstrecke. Für Anfang und Ende sollte man je mindestens eine Hotelübernachtung einplanen.
Wir buchen uns einen Truck Camper bei Fraserway, einem der bekanntesten Verleiher. Wir nehmen gleich das Familienpaket mit viel Zubehör und guter Versicherung dazu.
Nächster Schritt sollte die grobe Routenplanung sein. Da wir mit unseren kleinen Kindern keine langen Wanderungen machen wollen, lassen wir das „Wanderparadies“ Cape Breton zugunsten von mehr Strandtagen aus. Gerade in der trockenen Hochsommerzeit sind eh manchmal Wanderwege wegen Waldbrandgefahr gesperrt, dieses Jahr war es besonders trocken. In der Nebensaison kann man spontan durchs Land fahren, aber in der Hauptsaison Juli/August empfiehlt es sich, Campingplätze vorzubuchen. Wir haben uns viele Plätze in den öffentlichen Provincial Parks ausgesucht. Das Buchungsportal öffnet um Ostern herum, und beliebte Parks sind gerade an den Wochenenden innerhalb weniger Tage ausgebucht.
Jetzt gilt es erst mal zu entspannen und sich auf die Reise zu freuen.
Unser Wohnmobil
Es ist Mitte August geworden, und unsere Reise geht los. Nach einem entspannten Tagflug kommen wir am frühen Abend in Halifax an. Erst eine kurze Zollkontrolle (man darf keine frischen Lebensmittel mit nach Kanada bringen), und dann bleiben wir eine Nacht in einem der Flughafenhotels.
Am nächsten Morgen holt uns pünktlich um 9 Uhr das Shuttle von Fraserway vor dem Hotel ab. Es sind kaum 15min Fahrt bis wir auf dem Gelände des Verleihers ankommen. Wahnsinn, was hier alles rumsteht. Klassische Wohnmobile in allen Größen, Wohnwägen von klein bis riesig und auch Modelle, die man kaufen kann. Fleißiges Personal reinigt und saugt überall Fahrzeuge. In einer kleinen Lounge warten wir bei kostenlosem Kaffee kurz, bis ein Büromitarbeiter für uns Zeit hat. Die Station in Halifax ist natürlich auf deutsche Touristen wie wir eingestellt. Viele Mitarbeiter am Schalter inklusive des Chefs sind ausgewanderte Deutsche. Während André mit uns den Papierkram fertigmacht, stellt uns Paul schon mal den Camper auf den Hof.
Unser gebuchtes Modell ist ein „Truck Camper Slide Bunk„. Das Basisfahrzeug ist ein cooler Ford Pickup-Truck, also so ein sehr großer PKW, der auf der Ladefläche einen Aufsatz zum Schlafen hat. Und für ein bisschen mehr Platz kann man ein Seitenteil („Slide Bunk“) herausfahren. Im Gegensatz zu klassischen Wohnmobilen – die es hier auch gibt – kann man zwar nicht von der Fahrerkabine in den Wohnbereich gehen, dafür ist das Ding auch nicht so groß und fährt sich somit wie ein normales Auto. Die detaillierte Beschreibung aller Features ersparen wir uns hier, das könnt Ihr im Video von Fraserway anschauen.
Da wir das Family Saver Package dazu gebucht hatten, ist alles inklusive, was man so als Familie brauchen könnte: sehr viel Geschirr, Bettwäsche, Handtücher, Spülmittel, Salz & Pfeffer, Besen, Mülltüten, vier Campingstühle, Pflasterset, Taschenlampe, Wäscheleine und noch mehr. Und praktischerweise gibt es beim Verleiher im Depot auch noch ein „Verschenkhäusle“, wo wir uns noch ein paar gebrauchte Spielsachen für die Kinder mitnehmen können. Der Lederfußball wandert wahrscheinlich während der Saison von einer Familie zur nächsten und erfreut alle Kinder 😉




















Eastern Shore
Wir fahren – nach einem Lebensmittel-Großeinkauf im benachbarten Supermarkt – mit unserem Truck Camper los. Eine kleine Strecke von etwa einer Stunde führt uns zu „Murphy’s Camping on the Ocean“. Dieser familienbetriebene Campingplatz bietet eine große Auswahl an Aktivitäten wie Bootstouren im Meer, Kajakverleih, Spielplatz und vieles mehr. Wir bleiben hier zwei Nächte und machen uns mit unserem Wohnmobil vertraut, während die Kinder die Küstenlandschaft erkunden. Das Meer ist hier so ruhig, dass wir sogar in der Bucht baden können – mit ca. 20 Grad ist das Wasser auch akzeptabel warm. Wegen des felsigen Bodens und der Muscheln empfehlen sich Badeschuhe.
Unsere Reise führt uns weiter nach Norden. Hier in der Gegend ist das historische Dorf „Sherbrooke Village„, wo wir das Leben der Einheimischen von vor ca. 150 Jahren nacherleben können. Unsere Jungs sind begeistert von all den Exponaten und Mitmachstationen. Schauspieler in historischen Kostümen zeigen, wie Metall geschmiedet wird, Papier geschöpft, Kekse gebacken oder Kartoffeln geerntet werden.
Am Abend erreichen wir den Boylston Provincial Park, wo wir einen Campground ohne jeglichen Service gebucht haben. Der Kühlschrank im Wohnmobil läuft ja mit Gas, und sonst brauchen wir nicht viel. Der Park liegt am Irving Lake, in dessen kristallklarem Wasser sich wunderbar schwimmen lasst.
































Northumberland Shore
An der Nordküste fahren wir die wunderschöne Küstenstraße entlang. Tolle Felsformationen und Leuchttürme wie beispielsweise Cape George bieten immer wieder spektakuläre Aussichten, die auch unsere Kinder begeistern. Wer mehr über die Geschichte des Landes wissen will, kann einen Abstecher nach Pictou machen. Dort liegt ein originalgetreuer Nachbau des Schiffes Hector, mit dem 1773 die ersten 189 Schotten aus Europa nach Nova Scotia fuhren und dem Land seinen Namen gaben.
Wir beenden den Tag im Caribou Munroes Provinvial Park. In der Meerenge davor sind auch immer wieder Wale zu sehen (wir haben keinen gesehen, die Kinder wollten aber auch nicht lange warten).
Dafür kommen wir immer wieder an tollen Spielplätzen vorbei, an denen wir mit unseren Jungs eine Rast einlegen. Manchmal sind es einfach Parks in einem Dorf, die wir zufällig finden, aber auch fast alle Campingplätze und Provincial Parks haben einen Spielplatz, meist in der Nähe des Waschhäuschens, so dass die Eltern in Ruhe das Geschirr abwaschen können und die Kinder solange rutschen und klettern können. Immer finden sich dort auch saubere und kostenfreie Toiletten.
Von Caribou aus kann man mit der Fähre einen Abstecher zur kleinen Nachbarinsel Prince Edward Island machen, die vor allem mit langen Sandstränden lockt. Ist man wie wir mit dem Wohnmobil unterwegs, sollte man spätestens am Vortag bei Fähre anrufen und einen Platz reservieren (Kennzeichen und Kreditkarte bereithalten) – leider geht es online nur für normale PKWs. Wir verbringen drei Tage auf „PEI“ und kehren dann über eine lange (ebenfalls gebührenpflichtige) Brücke zurück aufs Festland zurück. Die Straße führt uns kurz durchs Nachbar-Bundesland New Brunswick und dann bei der Stadt Amherst wieder nach Nova Scotia.




Bay of Fundy
Im Nordwesten von Nova Scotia liegt die Bay of Fundy. Diese große innenliegende Atlantikbucht ist bekannt für den weltweit höchsten Tidenhub, also den Unterschied zwischen Ebbe und Flut. Dieser liegt bei bis zu 16 Metern – Weltrekord.
Unterwegs zu unserem nächsten Campingplatz probieren wir ein fangfrisches Hummersandwich und das inoffizielle kanadische Nationalgericht Poutine (Pommes mit Käse und Soße). Und natürlich ein leckeres Eis.
Wir fahren zuerst zum Five Islands Provincial Park, wo wir zwei Nächte bleiben. Der Campingplatz ist unglaublich ruhig, und während unseres Aufenthaltes stehen hier eher kleinere Wohnmobile und Zelter. Wie in den meisten Parks gibt es Plätze mit Strom und Wasser („serviced“) und welche ohne alles („unserviced“). Dank Solarzelle auf dem Dach und Gasherd, sowie Gaskühlschrank lief unser Fraserway Truck Camper bisher autark, aber hier darf er mal wieder an den Strom. Auch die beiden Abwassertanks leeren wir hier, dazu später noch mehr. Die Nachbarn heißen uns gleich willkommen und freuen sich über unsere Zwillinge.
Bei Ankunft ist Flut – alles sieht aus wie immer am Meer. Ein paar Angler, ein paar Boote auf dem Wasser. Wir baden ein bisschen im Salzwasser und genießen noch den Sonnenuntergang in der Bucht, sowie später den traumhaften Sternenhimmel – hier leuchtet nachts weit und breit keine einzige Laterne. Stechmücken gibt es hier leider abends auch, so wie fast überall in Kanada. Wir haben aber ein kleinkindertaugliches Schutzmittel zum Eincremen dabei, so hält sich die Plage in Grenzen.
Dank Stromanschluss können wir morgens Toastbroat mit Schmelzkäse machen, und dann wollen wir wieder ans Meer. Nur: Wo ist das Meer? Da wo gestern noch alles bis zum Ufer voll war, ist jetzt kilometerweit nichts zu sehen. Nur so etwas wie Watt – der Meeresboden. Unsere Bucht, das Minas Basin, ist völlig leer, die Schiffe liegen auf dem Trockenen, die Inselchen stehen wie verloren mittendrin.
An den Klippen sieht man spannende Gesteinsstrukturen und Spuren von Lava. Hier gibt es natürlich keine aktiven Vulkane mehr, aber die Bay of Fundy ist entstanden, als vor 200 Millionen Jahren der Superkontinent Pangäa genau hier auseinandergebrochen ist. Hier in der Gegend gibt es auch viele Fossilien, sogar Dinosaurierknochen wurden gefunden.
Wir checken kurz die Gezeiten – ja, wie haben noch ein paar Stunden bis zur nächsten Flut. Und so wie die meisten Campingnachbarn marschieren wir los. Schuhe aus und rein ins Watt bis zur Felsformation „Old Wife“ für ein kleines Picknick dort. Ein paar Teenager tragen ihre Kanus durchs Trockene und suchen eine Stelle zum Losfahren.
Mit dem einlaufenden Wasser kehren wir zurück. Wir baden nochmal, waschen mal an einer Münzwaschmaschine unsere Klamotten durch und fahren am nächsten Tag weiter. Wir wollen genau auf die andere Seite der Bucht, Richtung Annapolis Valley, wo die fruchtbarste Region des Landes ist. Unser Ziel ist die Weinanbauregion Blomidon und der dortige Provincial Park.
Unterwegs kommen wir an der Stadt Truro vorbei, mit 12.000 Einwohnern immerhin eine der Metropolen des abseits von Halifax dünn besiedelten Landes. Wir füllen nochmal unsere Vorräte auf und holen uns im Tim Hortons, der großen kanadischen Kaffeehauskette was zum Trinken für die Fahrt. In Truro ist auch der Aussichtspunkt „Fundy Discovery Site„, das ist ein Zipfel in der Meerenge, wo zweimal am Tag besonders eindrucksvoll die Flut eintrifft und eine große Welle produziert. Für die Kinder gibt es wieder einen wunderschönen großen Spielplatz hier, und für die Erwachsenen kostenloses WLAN.
Der Weg nach Blomidon führt uns noch an „Grand Pré“ vorbei, ein Nationaldenkmal Kanadas. Bereits 1680 wurde der Ort von den Akadiern, französischen ausgewanderten Siedlern gegründet. Noch heute wird in der Region (so wie in Montreal) mehr Französisch als Englisch gesprochen. Unsere Jungs bekommen beim Eintritt ein Rätselheft in die Hand gedrückt und dürfen sich auf Schnitzeljagd machen, während wir die bewegte Historie der Akadier nacherleben dürfen. Ein traumhafter Park lädt zum Entdecken und Entspannen zwischen den Denkmälern ein. Im kinderfreundlichen Kanada dürfen die Kleinen natürlich überall spielen und klettern. Zur Belohnung für die gelösten Rätsel bekommen sie eine Medaille.
Unser Zeltplatz in Blomidon bietet uns noch zwei Tage Erholung zum Abschluss der Rundfahrt. Obwohl der Platz am oberen Rand einer steilen Klippe liegt, gibt es über Treppen erreichbar einen herrlichen sandigen Badestrand und wunderbar warmes Wasser. Auf dem sehr gepflegten Zeltplatz selbst ist neben dem Waschhäuschen noch ein Aufenthaltsraum mit vielen Spielen für Kinder. Unsere Jungs finden gleich Spielkameraden, egal ob sie Französisch, Deutsch oder Englisch sprechen. Wir genießen derweil den leckeren einheimischen Wein.






































Reiseabschluss
Wir übernachten noch einmal nahe Halifax auf dem stadtnahen „KOA Halifax West Campground“. Da wir hier am Labor Day, einem Feiertag Anfang September, ankommen, ist entsprechend viel los. Aber während die Kinder spielen und im Pool baden, räumen wir das Wohnmobil aus. Es gibt ja in so einem Camper unendlich viele Schubladen und Schränke, und in den zwei Wochen haben sich überall Spielsachen, Sonnencremes und gefundene Schätze angesammelt. Auch die dicken Wanderschuhe, die wir auf dem Flug getragen hatten, müssen wieder rausgekramt werden – uns hatten die ganze Zeit Wandersandalen gereicht.
Vor Rückgabe des Wohnmobils muss nochmals das Abwasser geleert werden. Der Truck Camper hat zwei Tanks, einen für das WC-Abwasser und einen für Spül- und Duschwasser. In Kanada muss man aber nicht wie bei uns eine Kassette irgendwo hintragen, sondern man fährt zur „Dump Station“, schließt einen Schlauch ans Wohnmobil an und öffnet die Ventile der Tanks. Alles simpel und ohne schmutzige Hände.
Zuletzt geben wir das Wohnmobil bei Fraserway in Halifax nach zwei Wochen und ca. 1300km wieder ab. Auf der Strecke haben wir etwa 200 Liter Diesel im Wert von ca. 300 Euro gebraucht. Von den zwei mitgelieferten Gasflaschen haben wir nicht mal eine aufgebraucht, wir benötigten auch nur einmal die Heizung im Wohnmobil. Auch der Frischwassertank reichte uns für die ganze Zeit, da die Campingplätze fast immer einen Trinkwasseranschluss in der Nähe des Stellplatzes haben, und wir das Kochwasser dort holten. Die Rückgabe läuft völlig problemlos. Der deutsche Stationsleiter geht mit uns einmal durch das Auto und notiert kleinere Macken, die aufgetreten waren, während wir einen Kaffee trinken. Beim Truck Camper speziell legt Fraserway den Fokus auf das teure Zufahrzeug, den Ford F450, der über 100.000 Euro kostet und alle zwei Jahre ausgetauscht wird. Der Wohnaufsatz hingegen sei eben ein Wohnobjekt und unterliegt einer üblichen Abnutzung. Fraserway sagte uns, zufrieden wiederkommende Kunden sind ihnen lieber als jeden Kratzer in Rechnung zu stellen. Und wir kommen bestimmt auch wieder.
Fazit
Camping in Kanada – ein Traum, der auch mit Kindern möglich ist. Nova Scotia ist gut erreichbar, bietet eine atemberaubende Natur, kurze Fahrtstrecken und ist unglaublich kinderfreundlich. Von Wanderwegen bis zu Badestränden, von lebhaften Städten bis zu völlig entlegenen Ecken ist hier alles zu finden. Und mit einem Wohnmobil von Fraserway kommt man ganz einfach überall hin. Wir können diese Reise absolut weiterempfehlen.
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