Skitourencamp! Wow, das klingt ja schon nach einer Ansage. Skitourencamp von einschlägigen Herstellern könnte nach kaffeefahrtähnlichen Umständen klingen……ich war gespannt, was mich erwarten würde. Als völliger Neuling unter den Schneetourengehern war durchaus eine Portion Nervosität dabei, wie ich mich da so schlage und dem Programm gewachsen sein würde.
Die Ausschreibung
Mit seinen vielfältigen Skitouren Möglichkeiten ist der Talschluss Kolm Saigurn im Raurisertal nicht nur ein beliebtes Ziel für Skitourengeher, das vielseitige Gelände im Nationalpark Hohe Tauern ist auch die ideale Location für das HAGAN Skitouren Camp vom 02. – 04. März 2018 und die HAGAN Tourenski Testtage, die vom 29. März bis 01. April 2018 im Ammererhof stattfinden.
Es erwarten einen geführte Skitouren, Produkttests von HAGAN und hyphen sports und interessante Fachvorträge.
Vom 29. März bis 1. April können Interessierte die HAGAN Skitouren Ausrüstungen – Skier, Schuhe und Bindungen – auf ausgesteckten Aufstiegs- und Abfahrtsrouten (max. 200 Höhenmeter) kostenlos testen.
Infos/Betreuung im Vorfeld
Frühzeitig und umfangreich wurde durch das HAGAN-Team per eMail über alles Wichtige und auch Interessante informiert. So war nicht nur ausreichend über Packliste, An- und Abreise alles bekannt, sondern auch Informationen über Unterkunft, Verpflegung, Mobilfunk- und Internetempfang sowie weitere Kosten wie Getränke und Gepäcktransport.
Anreise
Am Freitagmorgen um 7 Uhr geht es mächtig früh auf die Reise. Dank der Teilnehmerliste der Mitfahrwilligen konnten wir uns zu dritt zusammen schließen. So wurden die 470 km sowohl unterhaltsamer als auch günstiger. Pünktlich um halb zwei traf unsere Fahrgemeinschaft am Parkplatz Bodenhaus bei -4 Grad und Bewölkung ein. Ab der Mautstation ging es dann mit einem Pickup, für die halb-drei-Gruppe mit dem Skidoo hinauf bis zum Ammererhof (Fussmarsch wären ca. 2 Stunden).
Unsere Eventregion
Das Raurisertal beheimatet die Rauriser Ache im Bezirk Zell am See im Land Salzburg in Österreich. Das Tal liegt nördlich des Alpenhauptkamms zwischen dem Fuschertal (zum Großglockner) im Westen und dem Gasteiner Tal im Osten.
Das Tal, als Sackgassental nicht gerade bekannt, birgt dennoch zahlreiche unerwartete interessante Ausflugsziele und geschichtliche und naturverbundene Highlights:
Der Talschluss des hinteren Raurisertales, des Hüttwinkltals, heißt Kolm Saigurn. Zu Fuße des Hohen Sonnblicks bei Wörth zweigt das Seidlwinkltal ab, in dem die Alte Römerstraße auf des Mittertörl der heutigen Großglockner-Hochalpenstraße verlief, und in dem das Rauriser Tauernhaus, eine auf das spätmittelalterliche Säumerwesen zurückgehende Schutzhütte, liegt. Es ist insbesondere auch aufgrund des Jahrhunderte währenden Goldabbaues und als eines der letzten Geierrefugien bekannt, weil hier die Bartgeier aus dem Tiergarten Hellbrunn ausgewildert werden.
Das Programm
Freitag
Anreise – vom Parkplatz Bodenhaus mit Shuttle zum Ammererhof – Zimmervergabe – Begrüßung – Gruppeneinteilung – Materialausgabe und Beratung – gemeinsames Abendessen – Tourenbesprechung und Abendausklang
Samstag
Frühstück – geführte Skitour und LVS-Training – Mittagssnack – Materialtausch bei Bedarf – Vortrag von Marcellus Schreilechner – gemeinsames Abendessen – Tourenbesprechung und Abendausklang
Sonntag
Frühstück – geführte Skitour – Mittagssnack und Materialrückgabe – Verabschiedung
Die Gruppe
Wir waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen von 22 Personen. Eine Familie, junge Männer, wenige Paare und viele Einzelpersonen mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen und Erwartungen an das Wochenende.
Unsere Chefs im Ring
Andi Schreilechner von Hyphen
Eva vom HAGAN-Ski-Team
Die Bergführer : Andi, Gebi, Wolfgang, Marcellus; von HAGAN dabei: Walter (Verkaufsleiter) und Reini (Eventbetreuung)
Unterkunft
Der Alpengasthof Ammererhof (1596) ist ein wahres Schmuckstück. Klassische Zimmer, aber auch sehr gemütliche Ferienwohnungen, teils Maisonette und Hütten für mehrere Personen stehen zur Verfügung. Ich war mit zwei anderen Damen in einer Ferienwohnung für insgesamt 6 Personen untergebracht. So hatte jede von uns ein eigenes Doppelzimmer, die alle sehr gemütlich eingerichtet waren.
Verpflegung
Zum Glück durften wir uns so viel bewegen an dem Wochenende, denn der Koch des Ammererhofs hat uns bestens versorgt. Ob ein klassisches Frühstück mit Birchermüsli, ob eine deftige Suppe mit Brot für Zwischendurch oder das 4-gängige Menü am Abend. Wir verließen immer pappsatt den Tisch und waren hervorragend für die Unternehmungen gestärkt.
Freitag/ 1. Tag
Zwischen 13.30- und 15 Uhr trafen nach und nach alle22 Teilnehmer ein. Nachdem die Zimmer bezogen waren, wurden wir um 16.30 Uhr im Seminarraum von den ausrichtenden Teams HAGAN und Hyphen, in Persona von Andi und Eva, begrüßt und der Ablauf der nächsten zwei Tage besprochen.
Andi stellte die Philosophie von Hyphen vor. Dem Unternehmen ist es wichtig, dass die Wertigkeit der Produkte erhalten bleibt. Darum werden 95% der Materialien aus Europa bezogen und die Produktion findet zu 100% in Europa statt. Typisch für Hyphen ist hoch technische und funktionelle 100% PFC-freie Bergsportbekleidung.
HAGAN ist ein Spezialist für Skitourenski und -schuhe, der bereits in der 3. Generation geführt wird.
Beide Unternehmen stellten für den, der wollte, ihre Produkte für das Wochenende zum Testen zur Verfügung:
4 verschiedene Tourenski, der Skitourenstiefel in Damen- und Herrenvariante von HAGAN, Jacken und Hosen von Hyphen. Wer wollte konnte sich hier beraten lassen und seine Leihausrüstung in Empfang nehmen. Ebenso konnten Tourenstöcke, LVS-Gerät, Sonde und Lawinenschaufel ausgeliehen werden.
Anhand der Angaben bei der Anmeldung wurde eine Gruppeneinteilung vorgenommen, in der aber noch flexibel gewechselt werden konnte.
Da ich zwar schon sehr lange Abfahrtsski fahre und seit letztem Jahr auch Schneeschuh wandere, aber noch nie eine Skitour machte, habe ich mich brav bei der Anfängergruppe angemeldet. Tatsächlich war ich die EINZIGE, die noch nie auf Tourenski den Berg hoch gestiefelt ist. Wir waren nur zu dritt. Eva vom HAGAN-Team gesellte sich netterweise noch zu uns.
Marcellus plante ganz flexibel unsere ersten Schritte für den kommenden Tag. Hierbei konnten wir die Länge und Ausgestaltung der Tour maßgeblich mitentscheiden, je nachdem wie es denn dann am Samstag liefe. Außerdem hat er sich ausgiebig Zeit genommen, um
Uns die Grundlagen des Kartenlesens etwas näher zu bringen.
Dann ging´s doch reichlich müde zu Bett.
Samstag/ 2. Tag
JETZT GEHT’S LOS!
Unser Bergführer hat sich viel vorgenommen. Zunächst studierten wir unter seiner Anleitung den Lawinenlagebericht. Danach die Karte und schauten, was wir heute vor hatten und ob dies zum Lawinenlagebericht passt. Geplant war vom Ammererhof über die Durchgangsalm zur Filzenalm und von dort aus über einen Bergrücken Richtrung Seekopf (2413m) zu gehen, je nachdem wie wir voran kommen und wollen.
Um etwas abschätzen zu können, ob das machbar ist, führte er mit uns eine kombinierte Zeitberechnung anhand von Distanz und Höhenmetern durch. Wir kamen auf ca. 3/15 Std für den Aufstieg. Alles sehr spannend und absolut hilfreich, wenn man auch selbstverantwortlich Touren angehen möchte.
Das Wetter war ein Traum! Sonne satt, allerdings mit Fönsturm bei um die Null Grad, im Laufe des Tages eher zwei Grad. Gegen Mittag baute sich am Hauptkamm eine Fönmauer auf, blieb aber brav auf der Südseite und trübte daher unser Traumwetter nicht.
In der ersten Viertelstunde hatte ich tatsächlich damit zu tun, dass mein Kopf nach einer Erfahrungsschublade für diesen Bewegungsablauf suchte. Skifahren, Langlaufen, Inlinern, Schneeschuhwandern….von allem ein bisschen aber so richtig keins von allem. Bald gab der Kopf es auf und machte eine eigene Schublade auf fürs Skitourengehen – alles gut!
Während unserer Tour bekamen wir laufend Anregungen von Marcellus, die Umgebung im Blick zu behalten. Jeder hatte eine Kartenkopie bekommen und so mussten wir immer wieder schauen, wo wir eigentlich sind und wo wir welche Lawinen- oder Windzeichen sehen. Schnee- und Lawinenkunde absolut praxisnah.
Unser Plan war nach der Durchgangsalm und Filzenalm über einen Rücken Richtung Seekopf zu gehen. Tatsächlich bogen wir nach Filzenalm durch den licht bewaldeten Steilhang Richtung Kolmkarscharte auf 2298 hm ab, weil es auf dem Bergrücken ziemlich stürmte. Mal sehen, wie weit wir kommen sollten. Die Flexibilität ist wichtig. Trotz gut geplanter Tour muss man sich den tatsächlichen Gegebenheiten anpassen.
In dem Waldstückchen war es dann soweit, dass wir die 30 Grad-Grenze bei der Geländeneigung erreichten und somit Spitzkehren üben mussten und konnten nach Herzenslust. Es war schon ganz schön steil aber nach einigen Kehren hatten wir es drauf und so ging es schnell bergauf. Es lief gut und so haben wir ca. 7 km und ca. 750 hm bis auf die Kolmkarscharte geschafft. Leider konnten wir unseren “Gipfel” nur ganz kurz genießen, denn da oben stürmte es stark. Aber was für eine Aussicht und was für ein Gefühl, so weit gekommen zu sein!!!
An der Durchgangsalm hatten die Bergführer eine Sondenbar aufgebaut, wo jeder verschiedene Gegenstände sondieren konnte, um zu spüren, wie sich denn ein Körper im Ernstfall anfühlt. Bei strahlendem Sonnenschein und vor der Hüttenwand angenehmen Temperaturen machte das richtig Spass.
Die Abfahrt durch den Wald auf dem Wanderweg war dann nochmal kräftezehrend. Weitestgehend im Pflug ging es das letzte Stück auf dem schmalen Weg bis zum Ammererhof, wo wir gegen 15.30 Uhr eine warme Suppe als Zwischenmahlzeit zu uns nehmen konnten.
Wer wollte konnte Material tauschen. Nach einer kurzen Pause gab es dann einen Vortrag von Marcellus über Lawinenkunde. Für unsere Gruppe war das nochmal eine gute Gelegenheit, dass sich das Gelernte des Tages setzen konnte. Abends gab es wieder ein leckeres 4-Gänge-Menü und danach wurde die Tour für den Sonntag besprochen. Im Anschluss saßen wir noch lang gemütlich zusammen. Erst gegen Mitternacht ging es bei fast Vollmond ins kuschelige Bett unterm Dach.
Sonntag/ 3. Tag
Nach einer tollen weiteren Nacht ging es gut erholt wieder bei tollem Wetter und bei -2 Grad und Sonnenschein nochmal auf die Bretter. Heute war bei uns keine große Tour geplant. Im Folus standen Schneeanalyse und Lawinenverschüttetensuche. Gegen 8.30 Uhr ging es gut gestärkt durch den Wald ziemlich steil hinauf. Teils ungespurt, teils auf bereits vorhandenen Spuren ging es bergauf- und auch ab.
Hier richteten wir uns eine Station für die Schneeanalyse ein. Wir führten den Blocktest durch und fassten die verschiedenen Schneeschichten an, um zu spüren, welche Schicht wie gut trägt.
Dann ging’s durch den Wald zurück. Das war schon recht abenteuerlich. Schwerer Schnee, gut steil und ein Haufen Bäume. Aber wie auch gestern schon war die Gruppe topp. Wir ließen uns Zeit und hatten unseren Spass! Ob im Pflug oder auch mal quer rutschend…ganz egal. Über die Optik sprechen wir besser nicht!
Am Ammererhof angekommen setzten wir uns nochmal ab und machten noch 1 1/2 Stunden LVS-Training und Bergung. Uns wurde es ordentlich warm und wir lernten so einiges.
Gegen 16 Uhr ging es mit Pickup und Skidoo zurück an die Mautstation ins Tal.
Was für ein traumhaft schönes, sportliches und lehrreiches Wochenende!
Egal was ich mir vorgestellt hatte, es war rundum eine tolle Erfahrung.
Zur Ausrüstung von HAGAN und Hyphen
Der Ausrüstungsverleih verlief absolut entspannt und unaufdringlich. Wer wollte, hat ja seine eigene Ausrüstung mitgebracht. Wer aber interessiert war oder noch nicht alles an Ausrüstungsgegenständen hatte, konnte hier wirklich ALLES in der Praxis ausprobieren. Ob es Ski, Stiefel, Felle, Stöcke oder Bekleidung war. Ob man seinen Z-Wert nun kannte oder nicht. Die Mitarbeiter beider Teams waren super hilfsbereit und haben uns wertfrei über Erfahrung oder Können freundlich beraten und mit dem nötigen versorgt.
Von Hyphen haben wir ja bereits Produkte getestet und werden das auch in diesem Jahr wieder tun. Auch HAGAN war so freundlich uns die Skitourenausrüstung zum Testen nochmals zur Verfügung zu stellen. Die Berichte kommen zum Saisonstart im Herbst.
Der Preis
Das gesamte Wochenende mit zwei Übernachtungen, zwei 4-Gänge-Abendessen und Frühstück, auf Wunsch auch mit Lunchpaket für die Tour, einem Fachvortrag und zwei geführten Skitouren mitsamt der Ausrüstung kann man für 330 Euro erleben.
Fazit
Dieses Skitourencamp bietet auf ganz unterschiedlichen Ebenen ganz viel. Egal ob es einem darum geht neue Ausrüstung zu erproben, sein Können einmal einzuordnen, höher und einsamer hinauf zu können als man es sich bislang allein zutraute oder ob man das Event einfach in der Gruppe genießen möchte – für jeden, der ein Fleckchen unberührte Natur fachkundig geführt und charmant begleitet in netter Runde Gleichgesinnter erleben möchte, ist das Camp absolut eine Reise Wert und ein Wahnsinns Erlebnis, das in Erinnerung bleibt!