Am 19./20.07.16 war es nun endlich soweit! Nachdem der erste Anlauf letztes Jahr wegen Schneefalls Anfang September ins Wasser oder eher in den Schnee fiel, freuten wir uns schon mächtig auf dieses Bergerlebnis der besonderen Art – Alpines Campen.
Angeboten wird dieses Event von der Silvretta Montafon GmbH. Aber auch andere interessante Events sind auf deren Webseite vorhanden, einfach mal vorbei schauen.
So recht vorstellen konnte ich es mir nicht. Starten an der Bergbahn der Versettlerbahn in Gaschurn, dann 1-2 Stunden wandern. Aber wie kommt das ganze Gepäck an den Lagerplatz? Immerhin werden Zelt, Isomatte und Schlafsack (mit Inlay zu verwenden) gestellt, aber getragen wird es selbst. Dann kommen ja noch das Abendessen und die Getränke dazu…..? Es blieb uns nichts anderes übrig als uns überraschen zu lassen. Der Umstand, dass auch noch für einen kleinen leichten Klettersteig Zeit ist, ließ mein Herz höher schlagen aber machte mich noch ratloser was den Ablauf anbetrifft.
Am 19.07. ging es bei 28 Grad in Gaschurn an die Talstation, wo unsere Tickets für diese Veranstaltung hinterlegt waren, los. Wir waren zeitig dran und hatten somit oben an der Bergstation in der Nova Stoba noch eine Stunde Zeit uns umzusehen, die Aussicht zu genießen und anzukommen. “Entschleunigen” war das Zauberwort, das uns die ganze Zeit über begleiten sollte. Die Terrasse der Nova Stoba bietet einen herrlichen Rundumblick auf die umliegenden Berge und das Montafon. Strandkörbe, Liegestühle und Chilloutareas laden zum Verweilen ein. Bei den Temperaturen und sengender Sonne verhängnisvoll, wenn man nicht weiß, ob man gleich noch ordentlich schwitzen muss.
Kurz nach 16 Uhr stieß dann unser Guide Mannfred zu uns und die Gruppe von 11 Teilnehmern fand sich zusammen. Wir, das waren sechs junge Mädels in Begleitung ihrer Väter, wir als Paar und zwei Singles. Wir bekamen jeder einen Schlafsack, Isomatte und zu zweit ein Wurfzelt. Ganz schön sperrig das Ganze….Dann galt es noch Getränke, Grillgut, Geschirr etc. zu verstauen und da kamen mir erhebliche Zweifel, wie wir all das transportieren sollten. Dabei ging es erst in zweiter Linie um das Gewicht als darum, wohin man all das verstauen könnte. Die Auflösung: der Lagerplatz war eigentlich nur wenige 100 m von der Bergstation entfernt hinter einer Bergkuppe. So seien wir zur Benutzung der sanitären Anlagen und bei Gewitter schnell unter Dach und hätten trotzdem den Eindruck, einsam in den Bergen zu nächtigen. Also trugen wir das ganze Gepäck wenige Minuten bergauf hinter die nächste Kuppe. Dort war in einer breiten Felsspalte eine Feuerstelle eingerichtet. Wir suchten uns jeder auf dem in der Nähe befindlichen Platteau aus Alpenrosen und Blaubeerbüschen mit Grasinseln einen Schlafplatz. Aufgrund der guten Wettervorhersage wurde uns in Aussicht gestellt, man könne in dieser Nacht auch ganz unter freiem Himmel ohne Zelt schlafen. Einige verließen sich gleich darauf, die meisten bauten schnell ihr Zelt auf und entschieden sich später.
Nachdem dieser Part geschafft war, wurden die Klettergurte angelegt. Für einige völliges Neuland, andere hatten bereits Erfahrungen mit der Ausrüstung gemacht. Nun ging es aber tatsächlich auf zum Klettersteig Burg, der ca. 300 HM höher als unser Nachtlager lag. Es ging über einen steilen einfachen Pfad bergauf. Da der Klettersteig ausschließlich über einen langen Grad verläuft und somit keine Steinschlaggefahr von oben droht, konnten wir auf die Helme, welche sonst auf Klettersteigen Pflicht sind, verzichten. Der Steig ist mit B und C ausgeschrieben und defintiv auch für Ungeübte machbar (Weitere Infos unter: http://www.klettersteig.de/klettersteig/burg/1934). Da es keine Höhenmeter zu überwinden gibt, kann man sich ganz auf das Vergnügen konzentrieren. Einzige Herausforderung ist sicherlich für manche, dass es auf beiden Seiten runter geht. Dafür ist die Aussicht auch auf beiden Seiten ganz besonders schön. Grüne Weideteppiche ziehen sich bis wenige hundert Meter unter die Gipfel, die hier bei ca. 2700 m liegen. Wenige Schönwetterwolken zierten den blauen Sommerhimmel und auf dem Grad ging ein sehr angenehmes Lüftchen.
Nach ca. 45 Minuten war der Steig schon zu ende. Die Gruppe ging den Weg in einem großen Bogen weiter zum Lager. Wir beide entschieden uns den Klettersteig einfach noch mal in die andere Richtung zu machen. Zwischenzeitlich war es früher Abend, die letzte Talbahn war schon längst gefahren, mit “Gegenverkehr” war also nicht mehr zu rechnen. Es war eine wunderschöne Stimmung! Außer dem kleinen Bergbach war nichts zu hören und wir konnten das Panorama in vollen Zügen genießen.
Zurück am Lager begann Manfred mit dem Feuer fürs Abendessen während sich die anderen noch häuslich auf ihrem Fleckchen einnisteten.
Die Sache mit dem Sonnenuntergang ist nicht so einfach in den Bergen! Denn wenn sie hinter einem Gebirgskamm verschwindet ist in flacheren Regionen noch lange nicht Sonnenuntergang – gefühlt tut sie das mitten am Tag. Und Nacht ist es deswegen danach auch noch nicht. Trotzdem gab es eine ganz bezaubernde Abendstimmung.
Es wurde recht schnell merklich kühler und windiger. Der Himmel färbte sich langsam in ein sanftes Orange und indigoblau. Im Osten konnte es ein fast voller großer Mond nicht abwarten aufzugehen. So wurde es bei klarem Himmel die ganze Nacht nicht so recht dunkel. Der Mond war so hell, dass er blendete. Dies brachte uns leider um einen dunklen sternenreichen Himmel – aber bei einem solchen Wetter ist es sicher unangebracht sich zu beschweren.
Wir haben ein ganz wundervolles Abendessen genossen, das uns vom Koch der Nova Stoba bereit gestellt worden war : Es gab Schweine- und Rindfleisch, Seitenwürstchen, Kartoffelsalat, Folienkartoffeln und Brötchen, dazu verschiedene hausgemachte Soßen und für unsere Vegetarierin Gemüsespieße. Als Nachtisch noch einen Schokoriegel und ein Gläschen Blutwurz!
Pappsatt und zufrieden machten wir es uns am Feuer gemütlich und redeten bis um Mitternacht. Wir waren froh um die schützenden Felswände drum herum. Dann löste sich die ganze Gruppe schnell auf und jeder verzog sich in seinen Schlafsack.
Erstaunlicherweise empfand ich die Isomatte zusammen mit der Grasunterlage als recht weich. Es war nur ziemlich frisch da oben. Das Thermometer zeigte 15 Grad – ich fror – aber deswegen war es nicht weniger eindrucksvoll in dieser völligen Stille zu übernachten.
Um 5 Uhr war die eh schon kurze Nacht für einige schon wieder vorbei. Das Morgenrot in dieser Stille war ein besonderer und ein ganz leiser Moment. Bis es die Sonne dann tatsächlich auf der gegenüberliegenden Talseite über die Bergketten schaffte verging noch eine ganze Stunde. In aller Ruhe erwärmte die Sonne dann die verschlafenen Gemüter und ohne Eile wurde die Ausrüstung getrocknet und verstaut, begleitet von ruhigen Gesprächen.
Um acht Uhr verließen wir das Lager, räumten die Ausrüstung wieder auf und liefen in der Nova Stoba ein, wo mittwochs Bergfrühstück für jedermann angeboten wird. Die Bergbahn fährt bereits um acht Uhr. Das hierfür angerichtete Frühstücksbuffet sucht seinesgleichen – nicht nur auf dem Berg- es muss sich auch vor keinem Hotel im Tal verstecken! Deftiges, Müsli, Obst, Kuchen, Quarkstrudel, selbstgemachte Joghurts, Käse, Wurst, kalter Braten, Fisch, verschiedene Brotaufstriche, viele Obst- und auch Gemüsesäfte…..das scheinen auch die Touristen und Einheimischen zu wissen, denn im Nu war nach Eintreffen der ersten Bergbahn die Stuben samt Terrasse gefüllt. Wir haben es uns so richtig gut gehen lassen und beim Anblick der Berge auf der Sonnenterrasse das Erlebte nachklingen lassen. Das schlechte Gewissen, trotz geringer körperlicher Betätigung so zu schlemmen, hielt sich in Grenzen.
Gegen 10 Uhr löste sich die Gruppe auf. Manche unternahmen noch eine Wanderung, andere marschierten ins Tal zurück.
Die Veranstaltung hat nicht in erster Linie etwas mit sportlichem Anspruch oder Wandern zu tun, wenngleich der Klettersteig schon auch Bewegung ist. Aber das ist sicher auch nicht der Sinn der Sache. Vielmehr ist es eine Möglichkeit auszuspannen und die Berge mal von einer ganz anderen Seite kennen zu lernen, zu der man sonst eher selten die Gelegenheit, die Möglichkeit oder Erfahrung hat. und dies gerade eben nicht nur für die Outdoor- und Sportbegeisterten, sondern für alle, die sich darauf einlassen wollen. Vielleicht hat es den einen oder anderen animiert, mal eine Hüttentour zu machen? Oder wieder mehr zu zelten? Oder einfach der Natur wieder näher gebracht? Oder sich selbst? Wir sind jedenfalls, trotz zu wenig Schlaf ruhig, erholt und zufrieden den Berg hinunter gestapft. Es ist auch mal schön, am Berg keine sportlichen Ambitionen zu haben – wenn auch vielleicht eher selten ,-)
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[…] Dann erreichte mich der Beitrag von Detlef von Outdoortest zum Alpinen Campen […]