Was braucht man beim Campen wirklich minimal? Zelt oder Tarp, Unterlage und Schlafsack. Viele neue Outdoor-Fans beschäftigen sich intensiv mit dem Zelt und auch mit dem Schlafsack, aber die Unterlage wird manchmal vernachlässigt, dabei ist sie ein ganz wichtiger Faktor für guten Schlaf. Wir wollen Euch hier einen Überblick über die verschiedenen Systeme und ein paar Tipps zur Auswahl der richtigen Isolationsmatte (Isomatte) geben.
Technologien
Luftmatratze
Die preisgünstige Schlafunterlage, die man vom Strandurlaub kennt, ist die Luftmatratze. Die einfachen Modelle bestehen aus einer aufblasbaren PVC-Hülle und kosten um die 10 Euro. Da die Oberfläche außen glatt wie ein Luftballon ist, eignet sie sich nicht wirklich für angenehmen Schlaf, denn es wird schnell schwitzig darauf. Etwas hochwertigere Varianten haben eine Velourschicht darauf, also eine samtartige Kunstfaseroberfläche. Da die Luftmatratzen aufgrund ihrer dünnen Materialstärke sehr schnell kaputt gehen, sind es eher Wegwerfprodukte und kein Vergleich zu den modernen Hightechmatratzen, auf die wir später eingehen werden. Des weiteren ist das Aufblasen natürlich mühsam. Für eine gute Isolation (dazu später mehr) muss die Matratze recht dick sein, meist um die 10 cm.
Wer als Teenager seine ersten Zelterfahrungen sammelt, kennt die günstigste Urform der echten Isomatten: die Schaumstoffmatte, ähnlich einer Yogamatte. Dieser Ursprung der Isomatte ist das preisgünstigste Produkt und schon ab ungefähr 15 Euro erhältlich. Meist basiert die Matte auf einem Kunststoff-Schaum (PE), der entweder gerollt oder gefaltet wird. Von Vorteil ist die hohe Robustheit: Die Matte kann man auch direkt auf einen steinig-spitzen Untergrund legen, und sie wird nicht kaputt gehen. Die teuersten handelsüblichen Matten liegen bei ca. 100 Euro, beispielsweise die Therm-a-Rest Z-Lite . Solche High-Tech-Modelle wiegen unter 500 Gramm. Isolation und Schlafkomfort sind oft gut, der wesentliche Nachteil dieser Matratzen ist aber das große Packmaß, da sie nicht komprimierbar sind. Dafür muss man sie auch nicht aufpusten.
Selbstaufblasende Matte
Vor einigen Jahren kamen selbstaufblasende Luftmatratzen auf, die schnell als die ultimative Lösung angepriesen wurden. In Discountern findet man regelmäßig diese Matten als Saisonware im Frühsommer im Angebot. Im Inneren der Matten befindet sich statt nur Luft ein komprimierter Schaumstoff. Öffnet man das Ventil, strömt Luft hinein, und die Poren entfalten sich. Laut Anleitung wartet man dann ein paar Stunden, schließt das Ventil wieder, und fertig. In der Regel sind diese Matratzen bei mindestens gleicher Isolation durch das innenliegende Gewebe dünner als reine Luftmatratzen, aber oft sehr schwer (2-3kg). Ein Beispiel ist die Skandika Easy.
Hightech-Luftmatte
Hier schließt sich der Kreis: Erfahrene Camper verzichten in der Regel auf sich selbstaufblasende Matratzen, sondern wählen ein Modell zum manuellen Aufblasen – wie die eingangs erwähnte Luftmatratze. Am Preis (meist deutlich über 200 Euro) erkennt man aber schon, dass hier modernste Technologie dahinter steckt. Modelle wie Klymit Static V, Exped Ultra oder Therm-a-Rest NeoAir wiegen nur noch 300-500 Gramm und lassen sich auf fast Hosentaschenmaß zusammenpacken. Die Oberfläche besteht meist aus einem aufgerauten, robusten Nylon, oft mit einer angenehmeren Schlafseite und einer stabileren Bodenseite. Diese Matten erreichen in der Regel hervorragende Isolationswerte, die wie beispielsweise die Sea To Summit Etherlite sogar warmes Schlafen direkt auf Eis erlauben. Diese Matten muss man natürlich selbst aufblasen, was gerade in der Kälte mühsam sein kann. Da gerade im Eis Atemluft wegen der enthaltenen Feuchtigkeit ungünstig ist, kommen diese Modelle oft mit einem Packsack, der auch als Pumpe verwendet werden kann.
Kombinationen
Ist das Gewicht nicht ganz so wichtig, aber mehr Komfort gewünscht, kann man auf eine Kombination mehrerer Systeme zurückgreifen. Ein Klassiker zum guten Preis ist die Therm-a-Rest ProLite, die zwar selbstaufblasend ist, aber mit dem Mund noch deutlich nachgeblasen werden muss. Andere Isomatten haben auf der Luftmatte noch eine Schaumstoffschicht, bei Klymit sogar in Memoryschaum ausgeführt, den manch einer vom heimischen Bett kennt. Damit erreicht man einen Liegekomfort, der fast einer richtigen Matratze entspricht, allerdings zu Lastens des Packmaßes. Eine weitere Lösung hat Sea To Summit sich ausgedacht: Kleine integrierte Federn lassen die Matte an eine Federkernmatratze von zu Hause erinnern, und dazu sind diese auch noch sehr gut komprimierbar.
R-Wert
Um Isomatten der genannten Technologien vergleichbar zu machen, hat sich neben Gewicht und Packmaß noch ein Messwert durchgesetzt: der R-Wert. R steht dabei für die Resistance, also den Wärmedurchgangswiederstand, den die Isomatte gegen Bodenkälte bietet. Man kann nicht sagen, dass eine dickere Isomatte automatisch besser isoliert, aber es gibt einen Zusammenhang.
Während der R-Wert früher von den Herstellern selbst gemessen wurde, gibt es seit wenigen Jahren den Standard ASTM F3340-18. Dabei wird die Isomatte zwischen eine genormte Heizplatte und eine Kühlplatte geklemmt und der Wärmeverlust an mehreren Punkten gemessen. Diese Norm ist nicht gesetzlich bindend, d.h. es kann auch Hersteller geben, die anders messen.
Üblicherweise wird gesagt, dass Frauen aufgrund der anderen Körpereigenschaften einen eher 0,5 höheren R-Wert nehmen sollten, während Menschen, die eher kühl schlafen möchten, auch 0,5 niedriger nehmen können. Etwas zu viel R-Wert ist eigentlich nicht schlimm, da die Hersteller der hochwertigen Modelle durch entsprechende Oberflächenbeschaffenheit ein Schwitzen verringern können.
Die besten Isomatten derzeit, beispielsweise die Sea To Summit Ether Lite XT erreichen R-Werte von über 6 und eignen sich damit sogar für Nächte in der Arktis oder Antarktis.
Achtung: Aufgrund des ASTM-Testverfahrens mit mehreren standardisierten Messpunkten gibt es Isomatten, bei denen der Test verfälscht ist. Die Klymit Insulated Static V erreicht beispielsweise eigentlich einen wintertauglichen R-Wert von über 4, hat aber beim offiziellen Testprozedere nur ein Ergebnis von 1,9, da manche Messpunkte in den unisolierten Streben liegen.
Übrigens kann man in Extremsituationen auch mehrere Isomatten übereinander legen, z.B. eine Schaumstoffmatte und eine Luftmatte. Wir hatten bei unseren Touren beispielsweise oft noch eine dünne alubeschichtete Matte dabei, die multifunktional entweder als robuste Sitzunterlage oder als zusätzliche Unterlage im Zelt dienen kann. Wer Geld sparen will, kauft sich einfach eine alubeschichtete Frostschutzfolie für die Auto-Windschutzscheibe 🙂
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Form
Während die klassische Schaumstoffmatte rechteckig ist, sind die modernen Isomatten oft gewichtsoptimiert und der Körperform angepasst. Das bedeutet eine starke Rundung am Kopf, einen breiten Schulterbereich und zu den Beinen spitz zulaufend. Die Damenmodelle sind dazu meist etwas kürzer und etwas breiter an den Hüften. Durch die optimierte Form kann ungefähr 10% Gewicht gegenüber dem rechteckigen Modell eingespart werden.
Auch wir haben bei unseren Expeditionen meist die abgerundeten Matten dabei, jedoch muss man bedenken, dass man sich auf so einer Matte nicht viel bewegen darf. Wechselt man oft die Liegeposition, ist das Risiko groß, mit Kopf oder Fuß von der Matte abzurutschen.
Single vs. Double
Meistens reist man ja doch zu zweit, und da stellt sich die Frage: Einzel-Isomatte oder Doppelmodell? Beides hat seine Berechtigung. Eine einzelne Matte kann wie oben erwähnt abgerundet sein und dadurch Gewicht sparen. Dafür hat man dann im Zelt gerade zwischen den Köpfen ein kaltes “Loch”. Das kann man mit einem Sitzkissen oder Pulli gut improvisiert ausfüllen. Die Doppelmatte hingegen ist durchgängig.
Ähnlich wie ein Wasserbett überträgt eine Doppelmatte allerdings Bewegungen von einer Seite zur anderen. Schläft also ein Partner sehr unruhig, dreht sich viel und wiegt vielleicht noch deutlich mehr als der andere, kann das den anderen unangenehm im Schlaf stören. Je schwerer und stabiler die Matte ist, desto ruhiger liegt es sich darauf. Bei der Klymit Klymaloft Double haben wir beispielsweise wenig von den Bewegungen des Partners gespürt.
Geräusche
Wer verschiedene Matten mal vergleicht, wird feststellen, dass tatsächlich die Geräuschentwicklung ein Thema sein kann. Es gibt besonders leichte Luftmatten, beispielsweise die weit verbreiteten Extremprodukte von Therm-A-Rest, die ein deutliches Rascheln von sich geben, wenn man sich darauf bewegt. Für einen Alleinreisenden ist dies kein Problem, aber in einer größeren Gruppe im gemeinsamen Zelt mag das stören. Also vorher probeliegen bzw. vor allem probewackeln!
Ventil
Alle aufblasbaren Matratzen haben ein Ventil. Hier gibt es keinen Standard. Während einfache Gummi-Luftmatratzen noch mit einer normalen Fahrradluftpumpe und passendem Adapter aufblasbar sind, haben die Hightech-Modelle bei jedem Hersteller ein anderes System. Klymit beispielsweise hat ein sehr großes flaches Ventil auf der Liegefläche, das zwei Positionen hat: Füllen (dann geht keine Luft raus) und Entleeren (dann geht keine Luft mehr rein). Darauf passt eine kleine USB-Pumpe von Klymit. Andere Hersteller haben passende Packsäcke, die an das Ventil angeschlossen werden können, siehe z.B. Sea To Summit. Wieder andere haben kleine Ventile an der Ecke, die einfach mit dem Mund aufgeblasen werden.
Auch hier der Praxistipp: Im Laden ausprobieren und schauen, was einem sympathisch erscheint, oder wo man noch Sonderzubehör braucht.
Rutschfestigkeit
Ein Zelt steht nicht immer auf ebenem Untergrund. Schon eine leichte Neigung kann dazu führen, dass die Isomatte über Nacht ein bisschen wandert. Gute Isomatten haben eine rutschhemmende Unterseite.
Befestigungen
Wenn es schließlich noch mehr Komfort sein soll, haben einige Luftmatratzen Extras zur Befestigung von Zubehör. Bei manchen Herstellern kann man ein passendes Kopfkissen des gleichen Herstellers darauf clipsen. Andere Matten bieten die Möglichkeit, eine zweite Matratze an der Seite zu befestigen, so dass man eine stabile Verbindung zur Partnermatratze hat. Diese(r) muss natürlich dann dasselbe Modell haben.
Fazit
Vor dem Kauf einer Isomatte sollte man sich gut Gedanken machen. Grundsätzlich kann man mit “zu gut” natürlich wenig falsch machen, außer vielleicht zu viel Geld ausgeben. Ein zu hoher R-Wert schadet nie, zu wenig kann unangenehm werden (wir erinnern uns an Nächte auf dem gefrorenen Boden in Alaska), jedoch kann man notfalls eine zweite Isolierschicht darunter legen. Mehr Schlafkomfort kommt meist durch Dicke und Obermaterial und damit mehr Gewicht – im Auto okay, auf dem Trail eher nicht.
Für die Details wie die Geräuschentwicklung können wir nur empfehlen, die Matte ausführlich probezuliegen – und natürlich unsere Testberichte zu verfolgen 😉